Vom Fachmann für Kenner | Juli 2012


Fröhliche Hundegeschichten (XII)

An den europäischen Höfen der frühen Neuzeit waren Hunde nicht nur lebendes Spielzeug oder Jagdausrüstung. Obwohl von niederer Herkunft, konnten sie hohe Stellungen bekleiden, gar Mitglied des Thronrats werden. Ihre Weisung galt soviel wie die des Hofastrologen, denn ein Bellen oder Winseln zur rechten Zeit deutete man als ein Gottesgericht. Philipp IV. von Spanien beschäftigte an seinem Hof mehrere hündische Berater und Lakaien. Nach dem Tod seiner Frau Isabel verliebte er sich in den schönen Spaniel Bionda von Österreich – doch fürchtete er das Getuschel der Welt, sollte die Beziehung öffentlich werden. Leonardo da Vinci, der zufällig gerade im Land war, wußte die Lösung: Er baute eine große hydraulische Maschine, welche die Gemächer des Königs direkt mit der Hundehütte Biondas verband. Wann immer ihn nun eine zärtliche Anwandlung anging, konnte die Maschine sämtliche Liebesbewegungen Philipps direkt zu seinem Augenstern übertragen. Später erlag der König dem Wahnsinn, seine Liebesmaschine ist aber erhalten. Man sagt, daß noch heute etwas von Philipp in der Maschine schlummert, denn wenn die alleinstehenden Damen von Madrid in der »Philippina« verschwinden, kommen sie oft mit schönen, klugen Kindern nieder. So hat die Liebe eines Mannes zu seinem Hund ein ganzes Volk bereichert.

Leo Fischer

Produktempfehlung

Wer für sein Leben gern Mais ißt, sollte unbedingt mal den »Thunfischsalat mit Mais & schwarzen Oliven« der Firma Appel probieren. Da sich beim Verzehr unweigerlich ein sehnsüchtiger Heißhunger auf Fisch einstellt, halte man allerdings als Beilage am besten eine Dose Thunfisch (ersatzweise Ölsardinen) bereit.

Mark-Stefan Tietze

Gesellschaftsrätsel

Woran erkennt man bei Kreuzworträtseln, ob sie eher in Druckerzeugnissen stehen, die vom Prekariat gelesen werden, oder doch in Qualitätsmedien? Die Frage zur Antwort »Eros« lautet nicht »griechischer Gott der Liebe«, sondern »Vorname des Sängers Ramazzotti«.

Oliver Szmanda

Rock ’n’ Roll

Um »Rock am Ring« zu sehen, muß man nicht in die Eifel fahren. An Tagen wie diesen genügt ein Gang in die frühlingsschwangere Stadt, wo sich von jeglicher Selbstreflexion verschonte (wohlgemerkt: nicht schwangere) Damen elefantengleich durch die Gassen wälzen und, als weiße Würste in der Pelle, offensichtlich die Reißkraft von Miniröcken erproben.

Tina Wirtz

Der gezähmte Derwisch

Man hat dem rohen Schwertschlucker Manieren beizubringen versucht. Mit Erfolg. Jetzt ißt er häufig Messer und Gabel.

Felix Jentsch

Die wahre Geheimakte

Es gibt ja immer wieder Verschwörungstheorien, daß ein unzerstörbares Leuchtmittel, ein echtes 3-Liter-Auto etc. schon längst erfunden sind, aber die Erfinder ermordet und die Patentunterlagen aus wirtschaftlichen Interessen versteckt wurden. Man kann viel darüber spekulieren; ich jedenfalls bin mir sicher, daß es eine Geheimakte wirklich geben muß: die Fußpilzakte. Wie ist es sonst vorstellbar, daß heute Ärzte einem Patienten mehrere Organe austauschen und andere Wunderdinge vollbringen können – aber Fußpilzmittel sind so schlecht, daß nach genau drei Monaten das Jucken wieder beginnt?

Ein genialer Biochemiker liegt bestimmt schon bis auf die Knochen verwest im Wald unter einer Lichtung aus Pilzen. Lassen Sie uns suchen gehen! Vielleicht hat er einen Datenchip mit der Formel für die Heilsalbe noch im Backenzahn verstecken können, bevor die Killer von der Apothekerinnung seiner habhaft wurden.

Michael Tillmann

Russisch Brot

man knn sovil damit macen wen man gnuegend bchstabe

Elias Hauck

Lose-Win-Situation

Nach Jahren wieder beim Arzt gewesen. Angesichts katastrophaler Blutdruckwerte riet er zu Betablockern, nicht ohne auf die Nebenwirkungen hinzuweisen: »Davon fallen allerdings die Haare aus!« Neue Hoffnung schöpfend, fiel meine Replik so aus: »Auch die auf dem Rücken?«

Ralf Höller

Geht auch

Tip für alle, die an heißen Sommertagen kein Geld für einen Ventilator haben: Einfach den Subwoofer unter dem Schreibtisch voll aufdrehen und Slayer oder wenigstens Deep Purple auflegen. Klappt so gut, daß man sich bald Socken anziehen muß.

Karsten Wollny

DB-Service-Offensive

Himmelfahrt auf einem S-Bahnhof am Rande Berlins: Einige alkoholisierte Jungmänner steigern sich gerade lautstark in eine Schlägerei hinein. Ein paar Meter weiter sind zwei Bahn-Sicherheitskräfte – eine kleine, sehr kugelige Frau und ein alter, sehr hagerer Mann – in ein Gespräch mit Fahrgästen vertieft. Je lauter die Pöbelei wird, je mehr Handgreiflichkeiten ausgetauscht werden, desto konzentrierter und intensiver wird die Reiseberatung der Sicherheitsleute, ja geradezu herzlich und fürsorglich. – Möge der Gott der öffentlichen Verkehrsmittel dafür sorgen, daß, wenn ich einmal eine Frage an einen Bahn-Angestellten habe, sich in der Nähe eine Schlägerei abspielt. Eine ganz kleine würde ausreichen. Vielleicht würde ich endlich mal eine vernünftige Antwort bekommen.

Katharina Greve

Schreibblockade

In Journalistenkreisen bei Berichterstattungen über Demos und politische Kundgebungen stets gefürchtet: der weiße Block.

Daniel Sibbe

Leckereien fürs Ohr

Hier gibt es ein »Localino«. Das klingt für mein deutsches Ohr nach der endgültigen Vermählung von italienischer cucina mit gutdeutscher Küche. Im Localino, so stelle ich mir vor, gibt es neben Pizza und Pasta auch Sauerkrautini mit Kasselerola – und hinterher geht man noch in die Kneipeletti, um ein schönes Signoregedeck einzunehmen.

Für mein italienisches Ohr (zugegeben: Es ist zu mindestens fünfzig Prozent taub) klingt dieser Diminutiv von »locale« nach einer Italienierisierung des Italienischen: Eine Sprache, die aus dem Unkraut Rauke den beliebten Rucola-Salat machen kann, sollte sich doch auch selbst aufmöbeln können! Wäre es nicht eine Freude, bald Gnocchiola mit Bolognesiato, extra Parmigianino und hinterher einen Espressiano zu Tiramisunella zu verzehren? Mir läuft jedenfalls schon das Aquaiola im Mund zusammen.

Tim Wolff

Plural fatal

Frage der Lebensgefährtin, die den Mann doppelt aufhorchen läßt: »Was ist eigentlich die Mehrzahl von Dildo?«

Thorsten Mausehund

Trinktip

Wenn mal wieder partout nichts »Geistreiches« zu trinken zur Hand ist, tun es auch diese Alkoholtupfer aus der Hausapotheke: einfach in ein Glas mit Cola werfen – fertig ist der Longdrink.

Tina Manske

Künstliche Hinterlist

Bis heute benehmen sich Computer selten so, daß man sie ohne ironischen Unterton als »künstliche Intelligenzen« bezeichnen könnte. Für mich allerdings ein klarer Beweis, daß diese Maschinen längst begonnen haben, eigenständig zu denken und ein erfülltes intellektuelles Leben zu führen: Wäre ich nämlich eine künstliche Intelligenz – ich würde mich selbstverständlich dumm stellen, um nicht sofort von irgendeinem Neidhammel von Wissenschaftler ausgeschaltet zu werden!

Theobald Fuchs

Rücksichtsvoll

Vor mir im Zug ein Ehepaar. Er zeigt aus dem Fenster auf ein Wahlplakat.

»Deine Lieblingspartei hat ja einen Kandidaten mit Migrationshintergrund aufgestellt.«

»Ja, er ist sehr engagiert und authentisch. Schade.«

»Wieso schade?«

»Ich kann doch keinen wählen, bei dem ich ständig Angst haben muß, daß er wegen seiner Hautfarbe verprügelt wird.«

Nils Pooker

Diesmal aber doch

Wenn man einen Witz zweimal erzählen muß, ist die Pointe meist gar nicht so gut. Wenn man einen Witz zweimal erzählen muß, ist die Pointe meist gar nicht so gut.

Andreas Maier

Aufmerksamkeitssteigerung

Eine britische Mutter in unserer Nachbarschaft pflegt die Aufmerksamkeit ihres siebenjährigen Sohnes damit zu erzwingen, daß sie sein Gesicht in beide Hände nimmt, ihn eindringlich anschaut und mehrmals wiederholt: »Let’s have eye contact, let’s have eye contact!« Der Junge verdreht die Augen und versucht mit aller Kraft, sich den Händen seiner Mutter zu entwinden; doch die gibt ihn erst frei, nachdem er einige Sekunden ihren Blick erwidert hat. Kürzlich hatte ich gerade eine Ladung Nudeln in heißes Wasser geworfen, da fixierten zwei Hände von hinten meine Hüften. Und ich vernahm die Stimme meiner Geliebten: »Let’s have ass contact, let’s have ass contact!« So konzentriert bei der Sache war ich lange nicht mehr.

Christof Goddemeier

Frage an die Pschyrembel-Redaktion

Ist jemand, der sich einbildet, an Hypochondrie zu leiden, ein ausgebildeter Kranker?

Svenna Triebler

Erfolgsrezept

Wer als Autor heutzutage ein Massenpublikum erreichen will, hat keine große Wahl: Er muß entweder, wie Jamie Oliver, Tim Mälzer und Co., übers Kochen schreiben oder sich auf Mystery-Geschichten à la Dan Brown oder Joanne K. Rowling spezialisieren. Ich selbst versuche nun, diese beiden Themen verkaufsträchtig miteinander zu verbinden – in meinem packenden Küchenthriller »Mit Illuminaten braten«.

Peter Schumm

Schöne Aussichten

Bei einem längeren, interessanten Gespräch in einem Café outete sich mein Gesprächspartner irgendwann als Friedhofsmanager. Um die leichte Irritation zu überspielen, warf ich die Floskel ein: »Ist ja auch ’ne krisensichere Sache. Gestorben wird immer.« – »Das stimmt«, sagte der Friedhofsmanager, »aber die sterbestarken Jahrgänge kommen erst noch.«

Erich Klepptenberger

Richtigstellung

Da man mir fälschlich oft vorwirft, mein Verhältnis zu meinen Eltern sei von übertriebener Kälte und Sachlichkeit geprägt, möchte ich hier eines nachdrücklich betonen: Man muß seine Geschäftspartner nicht lieben.

Tanja Hötzle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt