Vom Fachmann für Kenner | Juni 2009


Gegen Warzen

Warzen kriegt man tatsächlich durch Besprechen weg. Am effektivsten ist es, so nah wie möglich ranzugehen und sie dann frei heraus anzubrüllen. Jedenfalls ist die ältere Frau gestern im Bus sofort aufgestanden und hat mir ihren Platz überlassen.

Thorsten Mausehund

Kleinanzeige

In Ermangelung eines Textes, in welchen ich ihn sinnvoll einbauen könnte, melde ich hiermit die Urheberschaft für folgenden Aphorismus an: Das Gedächtnis ist ein Minenfeld in einem vergessenen Krieg und die Erinnerung ein spielendes Kind darauf.

Volker Surmann

Tip für Gourmets

Husten- und Bronchialtee ist genießbarer, ja, er schmeckt sogar fast interessant, wenn man eine Zigarette dazu raucht.

Tina Wirtz

Appell an den Instinkt

Eine junge Dame im heiratsfähigen Alter, die beim Aussteigen aus dem Taxi den Inhalt ihres Geldbeutels auf die Straße leert, kurz danach auf der Treppe zur Bahnhofshalle, ohne es überhaupt zu bemerken, mit dem Rucksack eine alte Frau von den Beinen holt, sich dann im Zug auf Anhieb auf ihre Sonnenbrille setzt und schließlich im Großraumabteil für jeden hörbar am Handtelefon fragt: »Braucht man für die USA eigentlich einen Reisepaß?« – nur schwer kann ich mir vorstellen, wie man effektiver Reklame für sich machen könnte.

Theobald Fuchs

Survival-Training

Die einzige Chance, einen TUI-Cluburlaub zu überleben: das »Bitte nicht stören!«- Türklinkenschild mit einer Kordel um den Hals hängen.

Dirk Warnke

Nick und ich

Der »Tennisguru« Nick Bollettieri, der zehn Weltranglisten-Erste gedrillt hat, ist 77 Jahre alt, schläft vier Stunden pro Nacht, startet den Tag um 4.15 Uhr mit 50 Sit-Ups und 30 Seitbeugen, geht dann eine Stunde ins Fitneßstudio und steht bis 19 Uhr auf dem Tennisplatz. Wenn es das Wetter erlaubt, entledigt er sich seiner Oberbekleidung, denn er weiß zu berichten: »Ich habe den Body eines Dreißigjährigen.«

Ich bin 31, beginne den Tag nach zehn Stunden Schlaf um 11 Uhr mit Fettzuckergebäck, gehe dann zu Kaffee und Mittagspause über und lebe überhaupt das Leben eines Rentners. Als ich vor Jahren das einzige Tennisturnier meines Lebens besuchte, habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, mit Nick kurz am gleichen Tisch gestanden, eine Zigarette geraucht und bei dieser Gelegenheit gleichzeitig mit ihm einen magischen Kristallaschenbecher berührt und die Lebenskräfte getauscht. Eine mögliche Erklärung? Ich denke nicht.

Tim Wolff

Und übrigens

Das lästige Putzen der Zimmerfenster, das man drei Jahre vor sich hergeschoben hat, kann man sich durchaus sparen, wenn man einfach darauf wartet, daß der Vermieter die in diesem Jahr in Kraft getretenen Umweltschutzverordnungen mit ihren Subventions- und Steuerspareffekten befolgt und die alten Fenster durch dreifachverglaste Super-Klimaschutz-Fenster ersetzt, die in puncto Lichtdurchlässigkeit frischgeputzte sogar schlagen dürften!

Mark-Stefan Tietze

Gleitzeit

Nach langen Wintermonaten im kühlen Trainingsraum nun erstmals wieder Open-Air-Tai-Chi im Park: Die Unebenheiten der Wiese sind manchmal fies, aber gerade die Drehungen gehen auf der Entenscheiße einfach prima.

Martin Quetsche

Alltagsfetisch

Nasenhaare ausreißen ist der SM des kleinen Mannes.

Andreas Schriewer

Die Handys der anderen

Früher, als der Besitz eines Mobiltelefons für mich neu und ungewohnt war, passierte es häufig, daß ich mein Handy klingeln zu hören glaubte, obwohl es das Gerät eines anderen Menschen war, das die Laute von sich gab. Heute bin ich reifer, vielleicht auch abgestumpfter, und höre oft gar nicht mehr, wenn mein Handy klingelt. Man rufe mich dann besser auf dem Gerät eines Menschen an, der gerade in meiner Nähe ist.

Nils Heinrich

Psychos

»Oh, du studierst Psychologie – äh, dann muß ich jetzt wohl aufpassen, was ich sage, sonst analysierst du mich bestimmt!« So oder ähnlich lautet eine der leidigen Standardreaktionen auf mein Bekenntnis zum Psychologiestudium. Ich pflege in solchen Fällen beschwichtigend abzuwinken, verweise jovial auf überkommene Vorurteile und schreibe anschließend zu Hause in aller Ruhe das kleine rote »pp« in die Akte, das für »paranoide Persönlichkeitsstörung« steht.

Moritz Borchers

Kulturfolger

Ziehen Sie doch mal in eine Wohnung mit frisch verlegtem, blitzblank gewienertem Laminat und schauen, nachdem alle Kisten abgestellt sind, auf die Uhr. Nach zwanzig Minuten sind sie überall: Wollmäuse.

Thomas Tonn

Expressis verbis

Beim Reality-Fernsehen wundert man sich ja eigentlich über fast nichts mehr. Als aber neulich bei der Super Nanny eine Prekariatsmutter ihren Halbwüchsigen als »Hurensohn« beschimpfte, war ich doch beeindruckt.

Thomas Kiesbuy

Die Krise in den Seelen

Beim Warten auf die Montage meiner Sommerreifen durfte ich im Autohaus folgendem Wortwechsel zuhören:

Kunde: »Ich habe gemerkt, daß mein Wagen auf der Autobahn in letzter Zeit nicht mehr die volle Leistung bringt.«

Servicemitarbeiter (mit resigniertem Blick): »Tja, da werden wir uns wohl alle dran gewöhnen müssen, daß heutzutage alles ein bißchen weniger wird.«

Jan Sallawitz

Phantasie an die Macht!

Um Alltagstrott zu vermeiden, spreche ich den Wirt meiner Stammkneipe jeden Abend mit einem anderen Namen an.

Manuela Kaindl

Gebührenerhebung

Daß ihre beste Freundin eigentlich kriminell sei, resigniert die Großmutter, habe sie schon immer vermutet. Als diese Freundin ihr auch noch erzählt habe, daß sie schon jahrelang einen Fernseher besitze, ohne Gebühren zu zahlen, habe sie versucht, ihr aus der Kriminalität zu helfen, und ein Anmeldeformular für die Gebühren ausgefüllt. Sie habe das Formular natürlich auch mit dem Namen ihrer Freundin unterschrieben und korrekt abgegeben. Daß ihr das jetzt als Urkundenfälschung angelastet werde, ließe sie am ganzen Rechtssystem zweifeln. Plötzlich stehe sie als die Kriminelle da. Die Welt, meint die Großmutter, sei schon sehr aus den Fugen.

Ludger Fischer

Versuch zum Dialog der Kulturen (6)

Im Café.

A: Hast du mal kurz einen Stift für mich?

B: Nein, tut mir leid. Aber ich kann dir meinen Laptop leihen.

Dialog gescheitert.

Heiko Werning

Zweiter Frühling

Seit ich mich wieder in Ausbildung befinde, weiß ich, daß Geschichte sich als Farce wiederholt: Ich bin psychisch labil, neige zu unmotivierten Wutanfällen, nehme Drogen (Tegernseer Hell), und mein Körper verändert sich (ich werde fett). Wer sich also noch einmal wie ein pubertierender 15jähriger fühlen möchte, sollte Lehrer werden.

Tibor Rácskai

Schade drum

Wenn sich Ferdinand Porsche und Wernher von Braun damals zusammengetan hätten, könnten Autos heute fliegen.

Harald Mühlbeyer

Aphrodisiakum

Ein Bekannter, äußerlich unscheinbar, erwarb in einem Antiquariat eine Sammlung erotischer Gedichte, die einst unter dem Titel »Komm. Zieh Dich aus!« im Haffmans-Verlag erschienen war. Mit dem Buch unterm Arm trollte er sich zur schönsten Bäckerin der Stadt. Manche sagten, sie sei zweiunddreißig, und genauso sah sie aus: hinreißend, dabei Französin und, wie’s schien, ungebunden! Als er sich mit zwei duftenden Hörnchen verabschiedete, flötete sie mit süßestem Akzent: »Da ’abben Sie abberein schönes Buch.« Er kann es selber noch kaum fassen; aber inzwischen frühstücken die beiden regelmäßig zusammen.

Christof Goddemeier

Diät für Anfängerinnen

24 Stunden am Tag darauf zu achten, was ich esse und was nicht, wird mir nach spätestens zwei Wochen zu anstrengend. Aber dafür schaffe ich es immerhin schon seit vier Monaten, mich jeden Morgen so auf meine elektronische Waage zu stellen, daß sie stets ein halbes Kilogramm weniger anzeigt.

Ronja Ruppel

Erkenntnis

Wenn ich beim Pokern häufiger mal auf Typen wie mich treffen würde, wäre ich ein gemachter Mann.

Christian Martin

Angst

Vom multikulturellen Familientreff im benachbarten Hinterhof dringen die Klänge munterer Kinderspiele an mein Ohr. Bei »Wer hat Angst vor der schwarzen Frau« und schließlich »Wer hat Angst vor der Frau mit dem schwarzen Mann« frage ich mich allerdings dann doch, ob hier wirklich Kinder für eine bessere, vorurteilsfreie Welt großgezogen werden.

Peter Mendelsohn

Freund und Helfer

Fürs Studium las ich im Zugabteil ein bißchen in der Zeitschrift Foreign Policies of Northern Europe. Daraufhin verabschiedete sich die Frau, die mir gegenübersaß, mit den Worten »Da Sie offensichtlich bei der Polizei arbeiten, kann ich meine Tasche ja ruhig bei Ihnen lassen« auf die Toilette. Bleibt nur zu hoffen, daß sie nicht zu den Bahnkunden gehört, die sich über das schlechte Englisch der Zugführer-Durchsagen lustig machen.

Lukas Jacobs

Harmonie in Moll

Warum müssen wir eigentlich klassische Musiker, die unsere engen Fußgängerzonen blockieren, immer toll, respektabel, zumindest aber drollig finden? Wenn wir Fußgänger während der Probe ungefragt durch ihren Orchestergraben flanieren, werden wir von denen doch auch doof angekuckt!

Markus Hennig

Tip für den Haushalt

Eßbesteck veredelt man am einfachsten, indem man mit etwas Edelstahl-Politur und der rauhen Seite eines Spülschwamms die Aufschrift »IKEA Made in China« entfernt.

Bodil Schwerer

Schnapskind

Neuerdings wache ich morgens häufig exakt um 12.12 Uhr, 13.13 Uhr oder 14.14 Uhr auf. Es fällt mir daher schon schwer zu glauben, daß meine Mutter während der Schwangerschaft mit dem Trinken pausiert haben soll.

Sascha Dornhöfer

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick