Vom Fachmann für Kenner | Juli 2009


Gutes Hobby

Auch wenn Fury das vielleicht nicht hören mag: Sodomie ist mein Reinsteckenpferd.

Micha Wilke

Do it yourself?

Letztens kam es im Bekanntenkreis zur Diskussion über die Frage »Gekauftes versus Selbstgebasteltes«. Eine Freundin meinte, Selbstgemachtes sei maschinell Hergestelltem stets vorzuziehen. Als Gegenargumente führte ich Herzschrittmacher, Flachbildfernseher, Raketenabwehrsysteme, Antivirusprogramme und – aus Gründen der Aktualität – schließlich noch Geschwindigkeitssensoren für Langstreckenflugzeuge der Firma Airbus ins Feld.

Diskussion beendet.

Wilson T. Pearce

Schlechtes Gewissen

Seit der Arzt meiner kleinen Schwester klipp und klar gesagt hat, daß ihre Bulimie sie noch ins Grab bringt, wenn die Therapie weiterhin verweigert wird, würgt sie in letzter Zeit irgendwie so angespannt.

Sidney Gennies

Manipuliert

Daß die Medien einen weitaus größeren Einfluß auf mich haben, als ich bisher annahm, wurde mir erst klar, als in einem meiner Träume die Serie »Bezaubernde Jeannie« für die Verwendung einer umweltfreundlichen Mehrwegflasche ein »Sehr gut« der Zeitschrift Ökotest erhielt.

Vivien Wünsche

Merkzettel schreiben!

Ich wollte mich daran erinnern, daß ich meine Ex-Freundin vergessen will.

Andreas Schriewer

Ratlos

Ressentiments gegen Ausländer kommen mitunter ziemlich subtil daher, so daß schwer zu entscheiden ist, wann man eingreifen sollte. Neulich hörte ich in einer Radiosendung über das Zusammenwachsen der Städte Wien und Bratislava, wie eine ältere Wienerin die Bedrohung durch die näherrückenden Nachbarn einschätzte: »Was soi ma mochn? De san nett und freindlich.« Wenn Ressentiments so sympathisch hilflos klingen wie hier, was soll man machen? Soll man überhaupt was machen? Ratlosigkeit steckt eben an.

Michael Höfler

Persilschein

Daß ich meine Wäsche zwanghaft mit Persil wasche, hat einen einfachen Grund: Ich leide unter Omophobie.

Mark-Stefan Tietze

Allgemeine Verkehrskontrolle

Die Polizei winkte gleich ein halbes Dutzend Autos heraus auf den Parkplatz. Zuletzt einen alten roten Golf mit handgesprühten Ornamenten, die man wohl als »Bang that head that doesn’t bang« lesen sollte. Drei fettzöpfige Juvenile männlichen Geschlechts saßen darin und bangten nun tatsächlich, denn nicht nur die beiden Beifahrer hatten schwer geladen, nein, auch der Chauffeur, dem erst seit ein paar Wochen ohne elterliche Aufsicht den Wagen zu führen erlaubt war, hatte es nicht bei einem obligatorischen Fahrbier belassen, sondern sich überdies auch noch, wie sein großes Vorbild Lemmy Kilmister, diverse Portionen Wodka-O-Saft zugeführt, wenn nicht sogar mit Schwung hinter den Knorpel gegossen. Sie waren zwar betrunken, aber sie waren nicht dumm. Und so staunte der erfahrene Hauptwachtmeister nicht schlecht, als er die Reihe der zu überprüfenden Fahrzeuge abgearbeitet hatte, zu ihnen aufschloss und eine mit drei jungen Männern vollbesetzte Rückbank vorfand. Vom Fahrer fehlte jede Spur.

Frank Schäfer

Doof!

Nach Aussage meiner Eltern soll ich schon als Vierjähriger am heimischen Gartenzaun gestanden und lauthals »Ihr doofen, doofen Leute!« gebrüllt haben. Nun, was soll ich sagen, nach vierzig weiteren Jahren Erfahrung, in denen ich der Menschheit die eine oder andere Chance gab: ich hatte völlig recht!

Rolf Karez

Schon mal mit roten Ohren vom Klo gekommen?

In die Kneipe, Frau angequatscht, Drinks spendiert, Komplimente und so weiter, irgendwann bezahlt und noch mal schnell aufs Klo, nur um dann – in dem einen Moment, dieser winzigen Pause der scheinbar vollkommenen Stille zwischen Elvis Costello und Ben Harper – den gesamten Rest der Kundschaft mit dem markigen »Rrrrratsch!« des Kondomautomaten aufzuheitern.

Philip Wolf

Erkenntnis bei Stromausfall

Es ist erstaunlich, wieviele Dinge man erledigen kann, wenn der Computer mal nicht funktioniert.

Beppo Pohlmann

Protestantische Ethik

Als ich einst meine Auslandssemester auf einer tropischen Insel verbrachte, erreichte mich Post meiner Großmutter. Sie schrieb, sie fände es gut, daß ich meine jungen Jahre zum Entdecken der Welt nutzen würde. Für sie wäre so eine weite Reise aber nichts mehr, »schließlich muß man in meinem Alter auch schon so langsam an den Tod denken. Und dann wird die Überführung so teuer.«

Hanno Schmidt

Haß im Netz

Gestern in der Jungschar ist es passiert: Die Internetkriminalität, die ja immer neue Felder erobert, hat nun auch mich erreicht. Zwei Zehnjährige liegen auf dem Boden, der eine heult: »Er hat mich geschlagen!« – »Er hat meinen Account bei Seafight sperren lassen!« – »Und er hat meinen Account gehackt!«

Paul Hubrich

Kurort

Als ich unlängst in einem hessischen Traditions-Heilbad nächtigte, war ich durchaus geschmeichelt, als man mich an der Rezeption des Kurhotels mit unverhohlener Freude, einem Blumenstrauß und bunten Luftballons begrüßte: »Herzlichen Glückwunsch. Sie sind seit langem unser jüngster Gast!« Den bunten Lolli nahm ich ja noch ganz gern, aber den Kinderteller im Restaurant des Hauses lehnte ich dankend ab, auch wenn sich das Küchenpersonal schon sehr darauf gefreut hatte, ihn mal wieder zuzubereiten. Wir einigten uns darauf, daß man den Kinderteller etwas größer machte und ich statt der Spaghetti eine gebratene Jakobsmuschel bekäme. Endgültig zuviel wurde es, als ich mit meinen 36 Jahren in der Hotelbar noch den Ausweis herzeigen sollte. Zwei Stunden lang tobte ich: »Ich will aber Whiskey! Ich will, ich will, ich will!« Dann rief man meine Eltern an.

Volker Surmann

Einladung zum Diskurs

Nachdem sich ein guter Freund wochenlang nicht bei mir gemeldet hatte, schickte ich ihm eine Email: »Na, du Arschloch!« Ruckzuck hatten wir wieder Kontakt.

Uwe Becker

Musical Hairsplitting

Wer mir genauer erklären kann, was mein im Prenzlauer Berg wohnender Gesprächspartner auf einer Party zu beschreiben gedachte, als er versuchte, mir seine neue »Lieblings-Chillout- Musik« Minimal Piano näherzubringen, der schicke bitte eine Mail an die Redaktion. »Alle meine Entchen« war es seiner Reaktion nach zu urteilen jedenfalls nicht.

Moritz Veltmann

Ernährungstip für Computer-Nerds

Eine einzige Schubkarre Apfelringe deckt den Tagesbedarf an Vitamin C.

Markus Hennig

Frauengespräch

Im Zug zwischen Hamburg und Berlin kommen zwei Frauen ins Plaudern. Die eine mußte gerade wegen eines Jobs nach Hamburg ziehen: »Wenn ich also in Hamburg bin und meine Familie in Berlin, da ist die Zeit so lang, das kann man sich gar nicht vorstellen!« Darauf Frau Nummer zwei einfühlsam: »Ja, das kann ich mir vorstellen!«

Katharina Greve

Logopädie

Einen Spanier mit Sprachfehler erkennt man daran, dass er nicht lispelt.

Dirk Warnke

Fünfzehn Jahre ohne

Aus beruflichen Gründen mußte ich kürzlich in ein Dorf ziehen, in dem es nicht einmal eine Kneipe gibt. Da der letzte Bus dorthin zurück um 17.29 Uhr fährt, mein Feierabend zu diesem Zeitpunkt aber noch in weiter Ferne liegt, blieb mir als Auto-Skeptiker nichts anderes übrig, als mir nach anderthalb Dekaden wieder ein Rad zuzulegen. Nicht ohne Angst bestieg ich an meinem ersten Arbeitstag den Drahtesel, um nach wenigen Minuten erleichtert festzustellen: Fahrradfahren ist wie Fahrradfahren – das verlernt man nicht!

Alexander Waldhelm

Twitter

ist ja auch total überschätzt. Es gibt bis heute beispielsweise keinen einzigen Tweet zum Thema »Sexgöttin Tanja Hötzle«. Und das ist eine verdammt schwache Leistung! Findet jedenfalls:

Sexgöttin Tanja Hötzle

Lampenfieber

Ich weigere mich allein schon deshalb, gängige Geschlechterrollen zu übernehmen, weil ich mir meinen Text ohnehin nicht merken könnte.

Gregor Baszak

Fragen Sie Reich-Ranicki

In seiner Rubrik in der FAS beantwortet Marcel Reich-Ranicki Woche für Woche vornehmlich die Leserfragen, die er offenbar für ziemlich daneben hält. Dementsprechend knapp werden diese Fragen niedergebügelt. Ich begann mich schon zu fragen, was das überhaupt für Leutchen sind, die sich immer noch an diese eingestaubte Autorität wenden, als ich vor drei Wochen die Antwort erhielt: Leutchen wie ich! Las ich doch eine Frage zum Einfluß des Alkohols auf die Weltliteratur, die ich im April 2005 an ihn gerichtet hatte. Seine kurze Antwort lief darauf hinaus, dass er sich für »nicht zuständig« erklärte. Und für diese Erkenntnis hat er über vier Jahre gebraucht?   

Friedrich Krautzberger, Krailing

Medienzeug

Ich fuhr mit meiner Mutter an einem Haus vorbei, das vom Künstler Friedensreich Hundertwasser entworfen worden war. »Guck ma’, ein Jahrhunderthochwasser-Haus!« rief meine Mutter. Darauf schwieg sie eine Weile und meinte dann, die Medien würden sie noch bekloppt machen.

Doris Sakala

YouSmell

Zum Glück gibt es immer noch keine praktikable Technologie, um Gerüche zu digitalisieren. Man stelle sich nur vor, es gäbe ein den Globus umspannendes olfaktorisches Netzwerk, und jeder Kracher könnte seine Ausdünstungen auf einer Plattform namens »YouSmell« veröffentlichen. Juristisch bärge nicht zuletzt die Verwertung kollektiv produzierter Ausdünstungen (Jugendherberge, Bundestagsdebatte) miefige Fragestellungen. Mittels Systemen wie Odour-over-IP ließen sich zwar weltweit kleine Duftgrüße mit mehr oder weniger geliebten Menschen austauschen, andererseits wäre ein wirksamer Schutz gegen binäre Stinkbomben, der sogenannten »stink-mail«, schwierig – einmal abgerufen, hülfe dagegen wohl nur noch das gute, alte analoge Lüften.

Theobald Fuchs

Wiener Charme

Eine alte Frau steigt aus der Wiener U-Bahn. Im Vorbeigehen beglückwünscht sie einen jungen Mann, der sich gerade mühsam mit seinem Blindenstock die Stiegen hochtastet: »An so einem Tag wie heute, da können’s froh sein, daß Sie blind sind. Die Sonne scheint so grell, für uns Normale tut das richtig weh in den Augen.«

Jürgen Marschal

Folgenschwere Floskel

Aus Gesprächen mit Leidensgenossen weiß ich mittlerweile, daß ich nicht alleine war mit dem Argwohn meiner Kindheitstage, ich sei nur adoptiert. Lange habe ich gegrübelt, woher der unschöne Verdacht wohl kommen mochte. Den Tanten dieser Welt möchte ich nun meine schlüssigste Erklärung ans Herz legen: Vermutlich ist die ständig an die Erzeugerin gerichtete Floskel »Der wird dir ja immer ähnlicher!« die Mutter solcher Wahnvorstellungen.

Askal Bosch

Vorsorge

Um das Krebsrisiko auf Null zu senken, müßte man aufhören zu leben, aber dann hat einen der Krebs da, wo er einen haben will.

Manuela Kaindl

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick