Briefe an die Leser | November 2008


Und Du, »Aktion Deutschland hilft«,

hast neulich plakatiert: »Katastrophenhilfe hautnah erleben, vom 2.–5.10. am Potsdamer Platz«; und hast damit das Wesen dieses Ortes eigentlich schon komplett erfaßt.
Hat dem nichts hinzuzufügen:

Titanic

Außerdem, Nachrufer,

sei der Haiderjörg ein »Tabubrecher« gewesen – und da müssen wir doch mal nachfragen: Wann hätte der Alpen-Adolf jemals ein Tabu gebrochen, also eine unbequeme Wahrheit ausgesprochen? Als er gegen »Busch­neger«, »Sozialschmarotzer« und »rotes Gesindel« hetzte? Als er die »ordentliche Beschäftigungspolitik« des Dritten Reiches lobte? Als er Konzentrationslager zu »Straflagern« um­deklarierte?

Fragen wird man ja wohl noch dürfen!

Tabubrüche en gros:

Titanic

Wolf Schneider!

Sie sind Sprachkritiker und kritisieren gerne den Sprachgebrauch im weltweiten Zwischennetz: »Das Bloggen ist eine Einladung zu unendlich geschwätziger Selbstbespiegelung und Wichtigtuerei. Beim Chatten werden alle Regeln und Sitten sowieso verachtet, und oft feiert das reine Kindergelalle Triumphe: ›Luftschnapp‹ oder ›Megaknuddel‹. Die Fähigkeit, ja auch nur der Wille, einen sauberen, gar einen schönen oder kraftvollen Text zu schreiben, liegen im Sterben.« Wie uns scheint, bietet die traditionsreiche Textsorte Interview bereits genügend Raum für geschwätzige Selbstbe­spiegelung und Wichtigtuerei, so daß wir auf diesen neumodischen Kom­munikationsquatsch eigentlich ebenfalls gut verzichten könnten. Fehlen würden uns dann allerdings Ihre wertfreien Analysen, Ihre empirisch ge­sicherten Thesen sowie insbesondere Ihr kraftvoll-schöner Kulturpessimismus. Denn der – schnappen Sie schon mal nach Luft – steckt doch wohl hinter diesem triumphierenden Expertengelalle, nein?

*Knuddel knuddel*:

Titanic

Da, Reich-Ranicki,

verweigern Sie einen lächerlichen Fernsehpreis, schimpfen über fernsehprogrammatischen »Blödsinn« und landen mit diesem »Eklat« (Tagesschau) spontan in allen Nachrichten, noch vor einem Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Rußland. Über Rußland, Reich-Ranicki, über Rußland!

Aber ach, genauer besehen: war das, was Sie da von sich schmarrten, genau das gleiche, nun nicht mehr ganz so präsenile Gezeter, mit dem Sie schon immer Sendezeit (und Druckseiten) füllten; die Wut eines mittelmäßigen Kanonikers, der nicht versteht, weshalb der Rest der Welt nicht mal sein bißchen Kulturverstand aufbringt. Und was sagt es über die Erkenntnisfähigkeit eines Kritikers aus, wenn er erst ein paar Stunden Fernsehpreis braucht, um feststellen zu können, daß im Fernseh »nur Blödsinn« laufe? Erst recht, wenn dieser Kritiker im »Literarischen Quartett« mindestens Vera am Mittag, Richter Holt und Dieter Bohlen vorwegenommen hat?

Und daß Ihr öffentliches beleidigtes Fußaufstampfen allenthalben als »überfällige Kritik« gefeiert wird, wo sie doch bestenfalls das war, was »Kulturzeit«-Gucker, die während des Interviewteils gerne mal aus Versehen zum »Perfekten Dinner« rüberschalten, schon seit mindestens Jahren ständig raunen; daß Sie ausgerechnet von der immerseichten Heidenreich überschnaubt wurden, die in ihrer Beistandsnote allen Mut zusammennahm, um eine armselige, grottendumme Veranstaltung eine »armselige, grottendumme Veranstaltung« zu nennen, und sich echauffierte, »wie verblödet, wie kulturlos, wie lächerlich« die Beiträge zum Deutschen Fernsehpreis gewesen seien; daß also Literaturpäpste beiderlei Geschlechts, die nicht den geringsten Teil ihres Wohlstands der Kulturvernichtungsmaschine TV verdanken, sich zu dessen schärfsten Kritikern aufschwingen; und daß das alles jetzt auch noch zu einer weiteren Stunde nutzlosen, sensationslüsternen Talkfernsehs führt –

darauf, Reich-Ranicki, dann doch einen doppelten Grappa.

Titanic

Sie, Martina Gedeck,

müssen ja nun immer wieder erklären, warum die Ulrike erst mit dem Andreas rum- und dann so irgendwie gar nicht gute Sachen gemacht hat. Das tut uns leid! Keine schöne Aufgabe, vor allem dann nicht, wenn einem Max Fellmann vom Magazin der Süddeutschen Zeitung gegenübersitzt, der über Ulrike Meinhof zu berichten weiß, diese sei nicht nur ins Fanatische gekippt, sondern sei auch »die gebrochenste Figur« der RAF, während er in Ihnen eine Frau erblickt, »die schon beim ersten Stichwort losbricht«. Warum allerdings Sie, Frau Gedeck, den Herrn Fellmann solchen Unsinn radebrechen lassen, anstatt ihm einfach was Laues ins Gesicht zu kippen, das wollen wir nicht begreifen. Unbegreiflich auch, was Sie dann über die Isolationshaft der Frau Meinhof alles nicht sagen, und sich stattdessen dümmer stellen, als Sie mutmaßlich sind: »Sie ist zerbrochen, woran auch immer, ob an sich selbst oder an den Verhältnissen.« Oder an der neuen Frühjahrsmode? Dem Streß mit Mutti? Karl-Heinz Köpcke?

Gebrochen herzlich:

Titanic

Anja Kling, Heiner Lauterbach, Hans-Werner Meyer, Felicitas Woll!

Wo Ihr uns schon so penetrant vom »Wir sind das Volk – Liebe kennt keine Grenzen«-Sat.1-Mauerfall-­Movie-Kitsch-Event-TV-Plakat angeäugt habt: Unsere Liebe kennt sehr wohl Grenzen. Z.T. sogar sehr enge.

Lieblose Grüße:

Titanic

Hömma, lieber Thomas Gsella!

Kinder, wie die Zeit vergeht: Grad 16 Jahre ist es her, daß Du in die Redaktion gestolpert kamst, jung, unverbraucht, nikotinabhängig – und schon verläßt Du sie wieder, als alter, ausgebrannter Nichtraucher! Dabei warst Du doch die Seele des Betriebs, als Stilgott, Quatschkopf und nimmermüder Geräuschproduzent, Freund, Förderer und echt Essener Kindsvater; warst mit uns in Albanien, Vietnam, auf Kuba gar, wo es leider keine Berufsaussichten für Dich als »funny journalist« gab; gabst den Causeur im Dr. Flotte, den Conférencier im Sudfaß und den poète confus am Redaktionstelefon; warst Bürobote, Faktotum, Hausdichter und sogar Chefredakteur; halfst Lkw-Fahrern an der Tür mit Hundert-Mark-Noten aus angeblichen Patschen, schriebst Dieter Hallervorden bizarre Sketche auf den Leib und verlangtest keinen Dank, wo auch keiner zu erwarten war –

und gibst jetzt auf? Nach nicht mal zweihundert Heften, höchstens 14 000 Artikeln und allenfalls elfeinhalb Milliarden Gedichten? Nur weil eine geistlos neoliberale, von Jugendwahn und Arroganz benebelte Redaktion Deinem Entlassungsgesuch mit Gleichmut entsprochen hat? Und Du jetzt »erst mal ausschlafen« und dann »auf den fuck Finanzmärkten international so richtig mitmischen«, ja geradezu »Kohle machen, öchl!« willst?

Na dann: Mach’s gut! Und laß von Dir, haha, hören!

Von Herzen und immer Deine

Titanic

»Uhranus – Watches & Design« (Berlin)!

Es ist ja so eine Sache mit Wortspielen im Namen des Geschäfts. In Deinem Falle würden wir z.B. wähnen, daß die von Dir angebotenen Watches, nun ja: eher für’n Arsch sind!

Tick-tack:

Titanic

Und Sie, Ursula von der Leyen,

haben quasi zwischendurch und ohne großes Aufsehen die Kampagne »Berufsfeld moderne Altenpflege« gestartet, die diese in ein besseres Licht rücken und für mehr Fachkompetenz werben soll, und enthüllten zu diesem Zweck zwei Plakate, auf denen sonst vermutlich als C&A-Models beschäftigte Jungerwachsene neben gefühligen Slogans posieren: »Er ist engagiert, energiegeladen, einfallsreich und einfühlsam. Er ist einfach der Richtige für uns« und »Erst wollte sie Managerin werden, dann Seelsorgerin, dann Ärztin, dann Therapeutin. Jetzt ist sie alles auf einmal«. Und so sehr wir Ihr Ansinnen im Kern unterstützen: Fehlt da angesichts der jüngsten Pläne der Bundesarbeitsagentur nicht noch ein drittes Poster mit dem Vers »Erst war er Aushilfskellner, dann Schuhputzer, dann Bauhelfer, dann arbeitslos. Jetzt betreut er auf Billigbasis Demenzkranke«?

Ihre Altenpfleger auf der

Titanic

Liebe Internet-Userin »Floh-Tina« (Chemnitz)!

Du bietest Dich auf Seiten wie Privatedating.de, Pornoamateure.tv oder Party-flirt.com dem anderen Geschlecht wie Sauerbier an und suchst präzis »Männer, die wissen, was sie wollen«. Wir gehören da eher zu der Kategorie »Männer, die wissen, was sie nicht wollen«; nämlich Flöhe.

Trotzdem viel Erfolg:

Titanic

KAfKA!

Du bist nicht der Franz aus Prag, sondern die von der BZgA geförderte »Kein Alkohol für Kinder Aktion« in Berlin-Neukölln – ein wahrlich origineller Name für ein Suchtpräventionsprojekt. Aber wäre diesem Namen nach nicht eine Aktion gegen Depressionen und Schwindsucht angemessener gewesen? Oder spielst Du gar auf das Leben in Neukölln an, wo immer mehr Halbwüchsige die Situation kennen, morgens wie verwandelt aufzuwachen und sich zu fühlen, als sei Ihnen über Nacht ein Schädel aus Panzer gewachsen?

Da möchten wir Dir doch gleich noch einen coolen Slogan andienen: »KAfKA – WEIL KINDER IMMER DICHTER SIND!« und freuen uns schon jetzt auf die Nachfolgeprojekte RiLKe (»Rauchen ist für Luschen, Kinder, echt!«) und TRaKL (Trinken, Rauchen, auch Kiffen: Lassen!).

Präventiv grüßt:

Titanic

In den norddeutschen Filialen, Thalia,

Deiner Buchhandlungsimitation hast Du Thementische unter dem Motto »Norddeutschland. Zauber des Nordens« zusammengestellt. Auf Ihnen finden sich die Titel »Todeshaus am Deich«, »Tod am Kanal«, »Tod an der Förde«, »Der Tod in der Marsch«, »Der Tod wartet nicht«, obendrein solche Bücher wie »Die Beute Mensch«, »Mordlicht«, »Ostseegrab«, »Und das Meer gab seine Toten wieder«, aber auch »Nordmord«, »Kalter Grund« und »Friesenblut«.

Und weißt Du, Thalia, was: Wenn das der Zauber Norddeutschlands ist, dann fährt lieber nach Bayern:

Titanic

Ben Becker!

Sie hoffen also allen Ernstes, ein guter Mensch zu sein. Nur so könnten Sie ihre derzeitige Bibelshow guten Gewissens zelebrieren, wie im Reutlinger Generalanzeiger zu lesen war: »Sonst dürfte ich das gar nicht vorlesen. Ich jedenfalls will das nicht von einem Arschloch hören.«

Und sehen Sie, Becker: wir auch nicht.

Amen:

Titanic

Jetzt haben, Bushido,

nach Mark Medlock und Daniel Küblböck also endlich auch Sie Ihre Biographie veröffentlicht, die natürlich gekauft wird wie blöde; und ohne daß wir das Werk lesen wollten, ahnen wir, warum: »Ey, Alter, was geht?« (S. 5); »Ey, alles Fotzen, Alter!« (S. 11); »Hast du meine Mutter gerade Fotze genannt?« (ebd.); »Ich fick dich, du Mißgeburt!« (S. 22), na ja, und wahrscheinlich usw.!

Stranger than fiction:

Titanic

Til Schweiger!

Daß Sie einen Narren gefressen haben an Regisseur Uwe Boll, dem von Kritikern und Zuschauern ob seiner ridikülen Filmattrappen belachten Videospiel-Adaptor und evtl. schlechtesten Regisseur aller Zeiten, wissen wir bereits seit TITANIC 09/07 und finden, ganz ehrlich, das paßt. Die Deutsche Presse-Agentur hat Sie jetzt noch mal auf das Werk Ihres Spielkameraden angesprochen, und Sie bezeichneten Bolls kläglichen 9/11-Klamauk »Postal« als, Achtung, »streckenweise kongenial«.

Lästig, Schweiger, aber keinesfalls müßig, Sie darüber aufklären zu müssen, aber kongenial heißt nicht »super«, sondern soviel wie ebenbürtig, gleich gut – das ist doch nicht so schwer. Zumal Sie und Bollo nu’ wirklich kongeniale Knallköppe sind!

Streckenweise genial:

Titanic

Tilman Rammstedt!

Als frischgebackener Bachmann-Preisträger des Jahrgangs ’75 sind Sie ja schon ganz schön am Ende – jedenfalls wenn es nach dem Eindruck geht, den der bewährte Joachim Lottmann via Welt weitergereicht hat: »Er wischt sich mit dem behaarten Handrücken den Schweiß von der Stirn. Seine zitternden Finger fahren durch die feuchten, pechschwarzen Haare. Dieser Mann ist im Fieber, hat seit Nächten nicht geschlafen, aber – er ist nicht krank. Er ist ein Schriftsteller, der gegen seine Schreibblockade kämpft … Er weiß nicht weiter, schluchzt fast, redet Unverständliches …Vor erst 32 Jahren wurde er in Biele­feld geboren: die Jugend, ein kleinbürgerliches Idyll, Eltern und Geschwister okay, alles normal eigentlich. Bis auf ihn vielleicht, er war schon damals hochbegabt«, was das Leben ja nicht einfacher macht, nicht wahr: »Das Gehen fällt dem übermüdeten und mental erschöpften Autor bereits schwer … Rammstedt hat sich etwas erholt, kann wieder gehen. Seine Augen liegen aber immer noch in dunkelgrünen Höhlen eines nur in Nuancen helleren, giftgrünen Gesichts. Die Haare hat ihm seine liebe Frau mit der Gartenschere geschnitten, oder sein kleiner Sohn, für den Friseur war keine Zeit … Wir humpeln bis zur Schönhauser Allee, die wir mühsam überqueren, um in die Kastanienallee einzubiegen. Passanten helfen dem bald deutschlandweit bekannten Nachwuchsstar in die Straßenbahn.«

Yeah. Und diese Ihre vorletzte Kraft haben Sie, angeblich am Tag vor der Abgabe Ihres Romans, geopfert, um uns an diesem Ihrem Schicksal teilhaben zu lassen; wobei wir uns da schon fragen, ob Sie das mit dem Schreiben nicht, na ja, drangeben sollten. Wo Sie’s doch so gar nicht vertragen!

Gute Besserung:

Titanic

Die Frage, Call-a-Pizza,

ob Deine Pizza »Pro Evolution Chicken« genfrei ist, erübrigt sich wahrscheinlich, oder?

Schon satt:

Titanic

Bremen!

Mit welchem Betrag man die Welt schmieren muß, um seitenlang volle Kanne behudelt zu werden, weißt Du vermutlich besser als wir, schließlich handelte eine ganze Sonderbeilage ausschließlich von Dir und Deiner Pracht. Und die ist, wie wir der Welt entnehmen konnten, gewaltig, wird aber noch immer gewaltig unterschätzt. Schließlich »zeigte eine Image-Studie der Universität Bremen unlängst, daß das Image bundesweit besser sei als häufig vermutet. 53 Prozent aller Deutschen wissen zwar wenig über die Stadt, aber diejenigen, die Bremen kennen, schätzen es als ›touristisches Freizeitziel‹, das um einiges attraktiver als Städte wie Dortmund oder Glasgow sei.«

Das, Bremen, ist zweifellos ein hübscher Erfolg, auf dem Du Dich jedoch keinesfalls ausruhen solltest. Loslos, rasch noch ein paar Blumen­kübel aufgestellt, dann kommst Du vielleicht sogar noch an Eisenhüttenstadt und Mogadischu vorbei!

Da nich’ für:

Titanic

Und noch mal, Berger!

»Wachstum, Arbeitsplätze und Unternehmensgewinne sind massiv gefährdet. Deshalb zeugt eine achtprozentige Lohnforderung, wie sie die IG Metall stellt, ebenso von purer Gier wie übertriebene Managergehälter. Beide schaden dem Gemeinwohl« – wenn der Metaller am Ende des Monats gern zwei Hunderter mehr hätte, ist er also ebenso gierig wie ein Manager, der sich die fünfte Million gönnt.

Da trinken wir doch aufs Gemeinwohl; wenn auch nicht grad mit ­Ihnen.

Titanic

Sie, Roland Berger,

»Deutschlands bekanntester Unternehmensberater« (BamS), haben das ganze Potential Ihres Quatsch- und Plapperbusiness mit einer einzigen, genau zwei Worte langen Antwort im Boulevard-Interview offengelegt: »Wann ist die (Finanz-)Krise überstanden?« frug BamS, und Sie antworteten wie aus der Räuberpistole geschossen: »Ab 2010.«

Gut zu wissen! Aber wann genau? 1. Januar, 2. Januar, 3. Oktober? Um acht oder erst um kurz nach zehn? Und wer, Roland Berger, hat Ihnen überhaupt verraten, daß »die Krise« 2010 »überstanden« ist? Die Fischeingeweide, aus denen Sie die Zukunft vorhersagen? Das Krümelmonster? Oder würfeln Sie einfach? Und, Roland Berger, wenn Sie noch eine abschließende Frage gestatten: Es gibt wirklich Unternehmen, die Sie für solche »Informationen« auch noch bezahlen? Und nicht mal schlecht?

Dann Hut ab vor diesem Geschäftsmodell!

Titanic

Vertun, Ackermann,

kann sich ja jeder mal, errare humanum est, und deshalb wollen wir Ihnen auch gar nicht nachtragen, was Sie da noch ein gutes halbes Jahr vor dem Zusammenbruch der Finanzwirtschaft dem Spiegel steckten: »Das Finanz- und Bankensystem ist stabil.«

Wie gesagt, man kann sich ja mal irren. Dadurch ändert sich schließlich nichts an Ihren Grundüberzeugungen, die Sie, im Hinblick auf die heutzutage üblichen Entlohnungen von Top-Leistungsträgern, wie folgt formulierten: »Das Thema Gerechtigkeit wird bei uns leider völlig falsch diskutiert. Gerechtigkeit ist vor allem Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit, nicht Gleichheit im Ergebnis. Wir hier in Deutschland aber schauen immer nur auf die Verteilung. Dabei läßt sich doch nur verteilen, was zuvor erarbeitet wurde. Und damit möglichst viel erarbeitet, also der zu verteilende Kuchen möglichst groß wird, muß sich Leistung lohnen – und zwar netto. Nach Steuern und inklusive staatlicher Transferzahlungen sieht die Einkommensverteilung schon anders aus.« Nämlich, wie wir jetzt wissen, exakt so: Für die lumpigen zweistelligen Millionenbezüge, mit denen Leute wie Sie Jahr für Jahr abgespeist werden, haben Sie mit Ihrer Leistung einen Kuchen von Risiken und Schulden i. H. v. ca. einer halben Billion Euro gebacken, der nun per staatlichen Transferzahlungen unter der ganzen deutschen Bevölkerung verteilt wird. Und wenn Sie dafür leistungsgerecht und netto entlohnt würden, würde Ihnen das niemand mehr gönnen als

Titanic

Lilo Sillner!

Als Geschäftsführerin des Mineralwasserabfüllers Labertaler im niederbayerischen Schierling schalten Sie in Tageszeitungen großformatige Anzeigen, in denen Sie sich selber interviewen, und zwar zum Thema »Labertaler – Vollmondwasser ist Lebensenergie«. Sehr überzeugend bringen Sie dem Leser nahe, wie Sie »die mystische Kraft des Mondes einfangen« und dadurch »die bioenergetischen Schwingungen ihre stärkste Ausprägung erfahren«, dieweil das »Labertaler Vollmondwasser nur bei Vollmond abgefüllt« wird. Also wann genau? »Vollmond ist immer dann, wenn sich Sonne und Mond gegenüberstehen und die Erde dazwischen liegt.«

Da danken wir, Lilo Sillner, doch schön für diese mustergültige Defi­nition einer Mondfinsternis und können uns lebhaft vorstellen, wie Sie bei der stockfinstern Nacht, wie man bei ­Ihnen in Niederbayern sagt, in Ihrem Keller sitzen, Ihr esoterisch aufgepepptes Wasser zapfen und damit Ihren Kunden das bißchen Verstand, das in Ihrem sowieso nicht besonders hellen Landstrich noch vorhanden ist, auch noch vernebeln.

Darauf einen doppelten Dumm­labertaler!

Titanic

Steffen Seibert!

Im von Ihnen moderierten Heute-Journal leiteten Sie einen Beitrag über die pekuniären Verhältnisse alleinerziehender Frauen mit dem Satz ein: »Diese Frauen tun die wichtigste Arbeit der Welt: Kinder erziehen.« Nun tun Sie, Seibert, seit Jahr und Tag gefragt und ungefragt kund, daß Sie ein Familientier seien, und neuerdings sogar ein schwer katholisches; aber bei aller wertbewußten Frömmigkeit: Die Arbeit von Dschungelärzten, Krebsmittelforschern, Landwirten und Bierbrauern ist ja man auch nicht sooo unwichtig, nein?

Von unserer mal zu schweigen hier auf der

Titanic

Matthias Matussek!

Ganz am Ende einer selbst für Ihre Verhältnisse erstaunlich langen Leitung ist Ihnen aufgefallen, daß der Nobelpreis für Literatur seit 1901 nahezu Jahr für Jahr mit schöner Regelmäßigkeit an künstlerisch impotente Schnarchlappen verliehen worden ist. Aufgrund dieser späten Erkenntnis haben Sie im Spiegel eine »Polemik« veröffentlicht, die auf den guten Rat hinausläuft: »Man sollte den Preis nicht mehr ernst nehmen.«

Ja, da schau her! Wir wissen wirklich nicht, was wir an Ihnen ehrfürchtiger bewundern sollen – den Mut, eine Wahrheit auszusprechen, die seit Jahrzehnten die Spatzen von allen ­Dächern gähnen, oder Ihre verwegene Hoffnung, dem Hartz-IV-Empfänger-Schicksal noch einige Monate lang durch den schwunghaften Handel mit ollen Kamellen entgehen zu können.

Und nun lassen Sie’s mal bitte gut sein, Herr Matussek. Ihr Anblick schmerzt uns.

Im Ernst:

Titanic

Noch ein Wort, Kurt Beck!

Ihre Biographie mit dem letztlich unumstößlichen Titel »Ein Sozialdemokrat« ist ja nun im bisher eher unauffälligen Pendo-Verlag erschienen, was uns zunächst ein bisserl verwunderte. Aber als wir dann das Pendo-Verlagsprogramm studierten mit seinen Spitzentiteln wie etwa »Komm mit, ich liebe dich«, »Ab sechzig leb ich anders als ihr denkt« und »Du wie Du und Ich wie Ich« (»ein dringend notwendiges, wunderbares Buch für alle Paare, das zeigt, wie es gelingen kann, unsere Sehnsüchte und Ideale zu transformieren, autonom und frei zu werden«) – da schien uns ihr Buch in diesem Verlag für sentimales Geschmarre, alternde Eigenbrötler und Absteiger, die keine Freunde mehr haben, dann doch goldrichtig aufgehoben.

Viel Glück beim Transformieren Ihrer verbliebenen Sehnsüchte wünscht

Titanic

Danke auch, »Welt«,

für Deine wägende Auslands­berichterstattung: »Isaf-Soldaten hatten erst am Freitag nahe der Stadt Kandahar im Süden des Landes versehentlich einen Zivilisten getötet. Zivile Opfer bei ausländischen Militäroperationen sorgen in Afghanistan zunehmend für Unmut in der Bevölkerung.« Was Du, Welt, nicht sagst: Auch die amerikanischen Flächenbombardements haben ja vielen die Petersilie verhagelt, zumal die ganzen Selbstmordattentate mittlerweile für ’ne leicht unentspannte Atmo sorgen!

Langsam pazifistisch:

Titanic

Daß, Andrea Kiewel,

Sie nach Ihrem ZDF-Schleich­werbeunfall für die Weight Watchers, kaum ist die Schamfrist abgelaufen, zurück ins Fernseh dürfen: why not, zweite Chance und so. Daß Sie aber ausgerechnet bei einem sog. Promi-Quiz für die, haha, Welthungerhilfe antreten, das findet dialektisch äußerst stark:

Titanic

Ach, Aust,

es ist schon ein Kreuz, was? Wenn die Stuten weiter laufen sollen, muß Geld in die Scheuer, und wenn man nur die RAF zu Markte tragen kann, dann erzählt man halt seit dreißig Jahren immer dasselbe. Da kann es passieren, daß das Hirn, auf Autopilot segelnd, Sätze absondert wie: »Sie müssen sich mal vorstellen, wenn sich die Angeklagten bei Roland Freisler am Volksgerichtshof verhalten hätten wie die Angeklagten in Stammheim, dann hätten sie nicht mehr lange gelebt« – und die Wochen oder sogar Monate bis zur Hinrichtung gar nicht mehr genießen können!

So long:

Titanic

Gertrud Höhler!

Als »Deutschlands bekannteste Management-Beraterin« (Bild) hatten Sie das gute Recht, wenn nicht sogar die patriotische Pflicht, in einer öffentlichen »Blattkritik« die Vorzüge der Bild-Zeitung hervorzuheben: »Wir haben ja heute wieder von der Frau mit dem Beil gehört. Das ist natürlich auch ’n toller Frauen-Auftritt, daß sie dem Alten da das Leben … nicht ausbläst, sondern weghaut, mit’m Beil. Und gleichzeitig blätterst du ein Stückchen weiter: ›Wie mache ich meinen Garten winterfest?‹ Das ist die Welt, in der wir leben. Das ist wunderbar. Diese Vielfalt. Das nenn’ ich auch Meinungsfreudigkeit. Und andere Zeitungen schreiben das über sich und bieten es eigentlich nicht.« In Ihrer eigenen Meinungsfreudigkeit wollten Sie sich aber auch von Bild nicht übertreffen lassen, und so haben Sie freimütig erklärt: »Wer Bild nicht liest, gibt Auskunft darüber, daß er politisch unreif ist.«

Das war natürlich auch ’n toller Frauen-Auftritt. Noch toller fänden wir es allerdings, wenn es den Bild-Paparazzi gelänge, Ihnen einmal so geschickt unter den Rock zu fotografieren wie sonst immer nur Amy Winehouse, Liz Hurley oder Britney Spears. Wäre das nicht wunderbar? Diese Vielfalt? Andere Zeitungen bieten das eigentlich nicht. Und für Sie wäre es eine Gelegenheit, Ihre politische Reife am eigenen Leib zu testen.

Und nun machen Sie mal Ihren Garten winterfest.

Titanic

Bezüglich Ihres Artikels, Gustav Seibt,

in der Süddeutschen Zeitung »Wir Schuldenmacher. Wie der Kapitalismus seine Ehrbarkeit verlor«: Würden wir in dem Fundbüro arbeiten, in dem eines Tages die Ehrbarkeit von einem ebenso ehrbaren Finder abgegeben wird, und käme dann der Kapitalismus vorbei, um sie abzuholen – wir täten aber ganz sorgfältig den Eigentumsnachweis verlangen!

Wenn Sie wissen, was wir meinen.

Titanic

Und was, Schirri,

mußten wir da außerdem lesen? Daß es Ihnen vor lauter Anti-RAF-Rage »die Füße unter dem Boden wegreißt«? Das, Schirri, macht uns nun doch Sorgen: Was machen die denn da unter dem Boden, Ihre Füße?

Vielleicht spannen Sie mal ein bißchen aus, machen mal wieder Urlaub. Dann ordnen sich die Dinge gewiß von selbst. Die Frauen werden wieder am Herd stehen und nicht am MG, die Männer an den Maschinen statt auf den Barrikaden, oben und unten, links und rechts: alles wird wieder fein an seinem Platz sein, ganz bestimmt. Und Sie werden sich wohlausgeruht wieder an Ihren Schreibecomputer setzen und weitermachen wie eh und je, immer schön mit den Füßen auf dem Boden der freiheitlich-demographischen, quatsch: -kratischen Grundordnung.

Und das goutiert dann wie stets wer?

Natürlich

Titanic

Da Du, Molkerei Weihenstephan,

ja nun das Wetter im ZDF-Morgenmagazin präsentierst: Warum spart der Wettermann dann so mit einschlägigen Formulierungen wie »heute wird das Wetter sahnemäßig«, »das Tief Gisbert macht mit Regen und Sturm den Tag im Norden eher zu Quark«, »im Süden ist mit eisiger Kälte zu rechnen, mit Wandern ist es daher eher Käse«?
Alles in Butter:

Titanic

Nachrufer (Haider)!

Was habt Ihr Euch nach Jörg ­Haiders finalem Überholmanöver nicht für Verbalspagate abgequält: »Einer der umstrittensten Politiker Österreichs« (FAZ.net), »aber auch eine der schillerndsten Figuren in der österreichischen Politik« (B5 aktuell), »der Politiker war eine schillernde und sehr umstrittene Persönlichkeit« (focus.de), »stets verfolgte er wilde Politikstrategien, sein Leben war ein Grenzgang zwischen Triumphen und Pleiten« (Welt online), »selbstbewußt, charismatisch, mit einer Tendenz zur Überheblichkeit« (Oberbayrisches Volksblatt), schließlich Bild: »Jörg Haider war wahrscheinlich die größte politische Begabung Österreichs seit Bruno Krei­sky. Aber auch einer, der immer aufregte. Er war ein Emotionsarbeiter und Kommunikationstalent, ein Verführer und Demagoge. Ein Grenzgänger – und ein Grenzfall.«
Aber sagt mal, liebe Nachrufer: Haider war doch ein Mann der klaren Worte! Und hätte sich drum auch auszusprechen getraut, was Ihr so an­gestrengt vernebelt: Er war halt gern das Arschloch.
Und alles, was recht ist: Das war er gut!
Eure Emotionsarbeiter von der

Titanic

Ihr Glück, Schirrmacher,

daß Ihnen Eichingers RAF-Movie endlich Gelegenheit gab, mit den Minderwertigkeitskomplexen dessen, der als jungkonservativer Sesselhocker seine Wut nie gelebt hat, via Film-»Rezension« an eine wie stets ungefragte Öffentlichkeit zu gehen: »Jetzt über den deutschen Terrorismus ­Tränen zu vergießen, käme reichlich spät. ›Verschluckte Tränen‹, wie der seinerzeit von der terroristischen Jugend sehr geliebte Fritz Zorn schrieb. Zorn starb mit einunddreißig Jahren, und nur der Kunstname blieb als ein Grabstein für ungelebte Wut, einer unter vielen, die den Friedhof der kollektiven Kuscheltiere der siebziger und achtziger Jahre bevölkern: Protest, Revolution, Terror, Intensität, Phantasie, Charaktermasken, Warencharakter der Gesellschaft, Tränen und Repression. Man will da wirklich nicht mehr so gerne herumbuddeln. Nicht noch einmal in den pathetischen Muff von dreißig Jahren. Nicht nach all diesen ­Dokumentationen, Bekenntnissen, Beteuerungen. Nicht noch einmal dieser Gefühlsterrorismus. Die waren unzufrieden? Sind wir auch. Gelitten? Wir auch. Idealisten? Wir auch. Verletzt? Wir auch. Wütend? Sind wir selbst, ob mit Zielfernrohr oder ohne« – und das glauben wir Ihnen sofort: wie unzufrieden Sie waren, als Joachim Fest den Literaturnobelpreis nicht gekriegt hat; wie Sie gelitten haben, als Rainer Barzel sein Mißtrauensvotum verlor; wie Ihr Idealismus auf die Probe gestellt ward, als das Gemöhre von der deutschen Schuld nicht aufhören wollte und Strauß nicht Bundeskanzler wurde, und wie verletzt und wütend, als, später, das linke Meinungskartell das ordnungsgemäße Zustandekommen Ihrer Doktorarbeit bezweifelte –

aber lassen Sie uns, Schirrmacher, da nicht mehr herumbuddeln; nicht noch einmal dieser Muff!

Mit Zielfernrohr:

Titanic

Deutsche Kinos!

Wenn Ihr schon den »Baader-Meinhof-Komplex« zeigt, um den »Mythos RAF« ein für alle Mal zu »zerstören«, solltet Ihr überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, vorher den Trailer für den demnächst anlaufenden Stauffenberg-Film zu schalten: »Das ganze Volk marschierte gleichgeschaltet. Nur wenige folgten ihrem Gewissen. Und hatten auch den Mut, zu handeln. Ihnen war es nicht gleichgültig, was ihre Regierung im Rest der Welt anrichtete«, zumal am Schluß ein Widerständler gar wörtlich sagt: »Für jedes Problem gibt es eine Lösung: ein paar Kilo Dynamit!«
Wenn man helfen kann!

Titanic

Hallo, heute.de!

Da titelst du einerseits ganz ungewohnt ehrlich: »Trotz Klatsche: Özdemir will Chef der Grünen werden«, aber andererseits: Müßte es denn nicht heißen: »Wegen Klatsche«?
Fragt Dich und sich:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick