Briefe an die Leser | Februar 2008


Liebes Tegernseer Bier!

Du bist ein feines Bier. Ein ganz feines Bier sogar! Du, Tegernseer, schmeckst uns sehr gut! Hmmmmmm! So gut schmeckst Du uns! Tegernseer – prima! Ein Klasse-Bier aus dem Herzoglich Bayerischen Brauhaus Tegernsee! Ein Bier, das wir am liebsten jeden Tag trinken würden! Weil es uns so hervorragend schmeckt! Kurz: Tegernseer Bier, ein ausgezeichnetes Bier!

Wollten Dir mal gesagt haben: Deine Bierfreunde auf der

Titanic

Andrea »Kiwi« Kiewel!

Ihre Entlassung als Moderatorin des ZDF-Fernsehgartens wegen Schleichwerbung für die Weight-Watchers hätte uns ja nun weißgott kaltlassen und wurscht sein können; aber daß Sie Ihre hämischen Kollegen vom Printsektor, die allenfalls mal erlaubte Werbung für Angela Merkel machen, zu Originalitätsleistungen wie »Andrea Kiewel bekommt ihr Fett weg«, »Dickes Ende für Andrea Kiewel« oder »Die Kiwi-Diät« hingerissen haben, das nimmt dann doch ein bißchen schwer:

Titanic

Radio Horeb, München!

Derweil Dich, Gott wird seine Freude daran haben, kein Mensch kennt, wollen wir zunächst einmal Auszüge aus Deinem Unternehmensleitbild zitieren: »Radio Horeb will seinen Beitrag zu der vom Papst gewünschten Neuevangelisierung leisten. Es will der ›Ausbreitung und Festigung des Gottesreiches‹ (II. Vatikanisches Konzil, Inter mirifica Nr. 2) dienen. Entscheidend ist das Vertrauen auf die Vorsehung Gottes. Radio Horeb versteht sich als Sender in, aber nicht von der Kirche. Alle Referenten und Gruppen, deren Wirken im Einklang mit der Lehre der katholischen Kirche steht, haben die Möglichkeit, sich einzubringen. Privatoffenbarungen werden nicht ausgestrahlt« –

da sei der HErr vor. Wenn dann aber einer Deiner sprachbehinderten Referenten den Zuhörern panisch zuruft: »Homosexualität macht Krebs!«, ja ist das denn, hol’s der Teufel, etwa keine rundum gelungene, erstaunlich enthüllende, wenn nicht gar entblößende Privatoffenbarung? Weil dieser Satz im Einklang mit der Lehre der katholischen Kirche steht?

Na dann!

Gefestigt:

Titanic

He, Unterschichtler!

Könntet Ihr mal damit aufhören, Euren Nachwuchs in aller Öffentlichkeit derart anzupampen, daß man erst hingucken muß, um herauszufinden, ob Ihr mit einem Kind oder mit einem Hund redet?

Darum bittet höflichst Eure

Titanic

Patricia Riekel!

Die Art und Weise, wie die ­Medien den Zusammenbruch der Britney Spears ausmünzen, ist schon eine genuin ekelhafte, wie Sie in Ihrem Bunte-Editorial vom 10.1.2008 messerscharf analysieren bzw. mit der geschundenen Popmaid mitfühlen: »Die Eltern, die bezahlte Interviews geben, die angeblich besten Freunde, die deine Geheimnisse ausplaudern, um selbst berühmt zu werden, die Friseuse, die dein abgeschnittenes Haar über eBay verhökert.« Menschen, für die das Wort Mensch schon zu hoch gegriffen ist, wie Sie weiter ausführen: »Die Biologie kennt den Begriff des Wirtstieres, das von Parasiten befallen wird. Es gibt zum Beispiel einen Wurm, der Krebse befällt und sie quasi auf Selbstmord programmiert. Die infizierten Krebse verlieren ­ihren angeborenen Schutzmechanismus und schwimmen ihrem Feind, dem Flußbarsch, direkt ins Maul.« Mit welchem schönen Tiervergleich würden Sie, Patricia Riekel, nun aber Menschen benennen, die andere Menschen Parasiten zeihen, dann aber im selben Heft auf elf Seiten in einer weinerlichen, bis ins Detail korrupten Sprache die ganze Causa Britney noch einmal Revue passieren lassen, samt Fotos und eines »Stammbaums«, der darlegt, wer mit wem wann schnackselte, rauschgiftsüchtig oder vorbestraft war? Die Primatenforschung kennt da beispielsweise den Mandrill, einen Affen, der den ganzen Tag den Arsch offen hat. Im Gegensatz zu anderen Menschenaffen erkennt sich der Mandrill nicht selbst im Spiegel und geifert wie blöde den vermeintlichen Konkurrenten an. Ist Ihnen mit diesem Vergleich geholfen? Nein?

Dann grüßt mit einem freundlichen q.e.d.:

Titanic

Berlin!

Nun hast also auch Du ein Nichtraucherschutzgesetz mit den üblichen verquarzten Ingredienzien: Raucher vor die Tür, Einrichtung von separaten Raucherräumen, die keine Durchgangszimmer sind, in denen nicht bedient werden darf usw. Aber, Berlin: Du wärst nicht Berlin, wenn Du nicht noch eins draufsetzen würdest: Fluchtwege und Zuwege zu Notausgängen dürfen gleichfalls nicht durch Raucherräume führen, und das ist lobenswert – schließlich könnten die in Panik Flüchtenden in den übelst zugequalmten Raucherräumen ja schnell die Orientierung verlieren oder sich bei der Flucht aus dem brennenden Haus im Raucherraum noch flugs eine gefährliche Rauchvergiftung zuziehen!

Husthust:

Titanic

Und endlich, Alex Dengler (»BamS«),

haben Sie einmal angedeutet, wie man ein so berühmter Buchkritiker wird: »Daniel Silva geht endgültig in die Analen der weltbesten Autoren von Spionagethrillern ein.« Und Sie haben Ihren Posten vermutlich deshalb, weil Sie Ihren Vorgesetzten in die Analen gekrochen sind?

Ihre weltbesten Autoren auf der

Titanic

Huhu, Bahn!

Nach div. Aufenthalten vor allem am Wochenende und vor allem auf Deinen Provinzbahnhöfen, wo Du ja als einzigen Angestellten meist einen liebesbedürftigen Automaten beschäftigst (»Drücken Sie bitte den Schirm«), raten wir Dir angesichts dessen, was da auf dem Boden fast ausschließlich herumliegt, dringend, Deine in »Papier«, »Glas« und »Restmüll« unterteilten Abfalleimer um ein weiteres Fach zu erweitern: Kotze.

Schön sauber bleiben!

Titanic

»Bild«!

»Ihre Stimme ist eine rauchzarte Verführung. Ihre stahlblauen Augen versetzen Männer in Hypnose. Ihr Körper ist ein Versprechen der Lust« – nicht von H. Klump ist die Rede, sondern von C. Bruni (Frankreich), die sich ebd. mit dem nagetierhaften Präsidenten Sarkozy eingelassen hat, aus guten, von Dir rapportierten Gründen: »Nicolas ist gar nicht so schön. Aber er ist sehr zart, wie ein kleiner Biber mit samtweichem Fell« und verfügt über alle Attribute des Alphatieres: »Humor, Potenz, Stärke und Männlichkeit« und was man als Chansonnieuse aus gutem Hause, der lustige Pariser Vorstädte und potente Geschäftsbeziehungen mit Staatsterroristen naturgemäß schnurz sind, halt so unwiderstehlich findet. Aber warum, Bild, fehlte angesichts dieser strahlenden Verbindung die doch nun wirklich prima Schlagzeile »Die Schöne und das Biest«?

Dis-le nous!

Titanic

Und Sie, Roger Boyes,

sind Deutschland-Korrespondent der Londoner Times und mußten nebst einer französischen Kollegin für das sturzöde und kenntnislose Zeit-Feuilleton zum Thema »Worüber die Deutschen lachen« an dem in diesem Zusammenhang natürlich unverzichtbaren und gleich noch mal öderen Gespräch titels »Was halten unsere Nachbarn vom deutschen Humor?« teilnehmen: »Eigentlich ist die deutsche Sprache ideal für Stand-up-Komiker. Man kann ganz am Ende eines Satzes ›nicht‹ sagen, alles auf den Kopf stellen und das Publikum überraschen.«

Und auch wenn Komikkundige bislang den Standpunkt vertreten haben mögen, die Syntax des Deutschen lasse spät nachgeschobene, den Sinn eines Satzes umkehrende Wörter wie »nicht« eben eher nicht zu – das ­Gegenteil ist richtig: »Kommt ’ne Frau beim Arzt nicht«, hahaha!

Jedenfalls thank you:

Titanic

»Land’s End«!

»Sweatshirt-Jacke mit Reißverschluß für Herren in Normalgröße: Her(r)lich weich und warm« – und weißt Du was:

Ge(k)auft!

Titanic

Erzkünstler Jonathan Meese!

Dem Deutschlandradio Kultur und seinen Hörern jammerten Sie Ende Dezember schwer was vor: »Ich langweile mich kolossal.« Das beruht zunächst auf Gegenseitigkeit, aber weiter im Text: »Ich kann kaum noch alleine sein, aber ich möchte nur noch von Chefs umgeben werden, die mir genau sagen, was ich zu tun ­habe … Ich brauche diese Bühne. Wenn mir jemand als Chef ’ne Bühne zur Verfügung stellt, mach’ ich da gerne was.« Nichts leichter als das. Denn zufällig haben wir gerade in Frankfurt die Große Bockenheimer Bewerft-den-eitlen-Meese-mit-faulen-Eiern-Bühne eingerichtet, die würden wir Ihnen mit Freuden zur Verfügung stellen. Haben Sie Lust? Wir wüßten schon genau, was Sie zu tun haben – und langweilig würde Ihnen bestimmt auch nicht!

Oder jedenfalls uns.

Ihre Chefs von der

Titanic

Hallo, Michelle (Schlager)!

Im Jahresrückblick unserer Lieblingsinformationszeitschrift Bunte haben wir gelesen, daß Sie im letzten Jahr einen Herrn Josef Shitawey geheiratet haben. Auch lasen wir, daß die Ehe der zweite Versuch sei, Sie waren wohl schon mal mit Herrn Shitawey liiert, allein, es ging dann auseinander. Da bleibt uns nichts weiter übrig als Daumen drücken! Und falls es wieder schiefgehen sollte, dann: seien Sie nicht überrascht. Bzw. froh!

Shit happens!

Titanic

Zu schön, »FAZ«-Feuilleton,

auch die Unterzeile auf Deiner Seite 36 vom 10. 1. zum Foto ­zweier sauber rot und weiß gestrichener Wände im Münchner Lehnbachhaus: »Hat die praktische Gesellenprüfung im Maler- und Tapeziererhandwerk bestanden: Rupprecht Geiger« – na ja, eigentlich stand da: »Leinwände, vom Rahmen und klassischer Form befreit, leuchtende Farben, die sich über Wände ausdehnen: Willkommen im Werk von Rupprecht Geiger.«

Wäre auch, wie gesagt, zu schön gewesen.

Titanic

Vilma!

Du bist eine der beiden amtierenden Eisbärinnen im Nürnberger Zoo und hast in dieser Eigenschaft ­Deine zwei Jungen aufgefressen – aber ­warum? Warum hast Du »Deutschlands Kuschelnachwuchs« (Bild) gekillt? Um den bayerischen Europa­minister Söder (»Es ist absolut herzlos, was da abläuft!«) aufs Glatteis führen und als schmalzscheißenden Scharlatan vorzuführen? Oder um Deinen Jungen eine beknackte Knutkarriere zu ersparen?

Das ist ein Grund!

Weiterhin guten Appetit wünscht

Titanic

Peter Hahne!

Zum Thema »Tod auf Bestellung – Geschäft oder Erlösung?« sagten Sie in einer Talkshow zum Tod Ihres Vaters: »Mein Vater hat Stalingrad und fünf Jahre Kriegsgefangenschaft erlebt – diese schrecklichen Dinge. Vielleicht ist das ein Problem unserer Zeit, daß wir Schmerz und Leid nicht mehr ertragen.«

Stimmt, Hahne, ja gar nicht. Sonst hätten wir uns Ihren Schmarrn doch gar nicht angehört!

Wartet noch auf Ihr persönliches Stalingrad:

Titanic

Nick Griffin!

Sie sind Vorsitzender der British National Party und mögen es überhaupt nicht, wenn Ihr Rassistenverein als faschistisch bezeichnet wird. Um so lustiger fanden wir die Begründung Ihrer parteiinternen Kritiker für die neulich erfolgte Abspaltung »Real BNP«: Sie, Griffin, hätten sich – wie ein Diktator verhalten!

Nur weiter »so«:

Titanic

Danke auch, Club Zito’s (Mannheim),

der Du kürzlich Deine Lauf­burschen mit Flyern bewaffnet durch die Stadt geschickt hast, um ­folgende Werbebotschaft hinter die Auto-scheibenwischer Deiner Mitbürger zu klemmen: »Housemusic is not a f**king trend – it’s a lifestyle«. Krasser Scheiß, Zito’s, aber da fällt uns auch was zu ein: Our cars sind nämlich Fortbewegungsmittel, und keine f**king Litfaßsäulen, tell that your bastards von Austrägern!

Ja?

It’s a lifestyle:

Titanic

Schon klar, Marilyn Manson,

daß ein Antichrist-Superstar wie Sie nicht Rücksicht nehmen kann auf die Bedürfnisse der Bewohner aller Trailer-Home-Siedlungen, durch die Ihre Welttournee Sie führt. Aber: »Marilyn Manson hat in Offenbach seine schaurige Show gezeigt« – meinen Sie nicht auch, daß auch diese Menschen mal ein bißchen Ablenkung verdienen? Wenigstens abends, und wenn sie Eintritt bezahlt haben?

Fragen Ihre Schauerromanciers von der

Titanic

Da schreibst Du, »Hobsons Absolventenkongreß«,

auf Deine Einladung zu »Deutschlands größter Jobmesse«: »Jahrelang haben Sie gelernt, geackert, sich gequält. Nach zwei Tagen wissen Sie, wie weit es Sie gebracht hat.« Und meinst damit: Ob wir auch fleißig genug waren, um nun, durch Dich vermittelt, in den kommenden sagenwirmal 40 Jahren von Commerzbank, Ikea, Aldi oder sonstigen kapitalistischen Konsorten ausgelaugt und verbraten zu werden; und ob wir als mit jeder Menge Soft Skills ­ausgestattete Young Professionals nichts lieber tun wollen, als uns für Consulting-Dienste bei Global Playern den Arsch aufzureißen. Oder? Das meintest Du doch? Und weißt Du, Hobsons Absolventenkongreß, was:

Nö.

Andernfalls hätten wir ja nichts gelernt!

Weit gebrachte Grüße:

Titanic

Und Du, Kölner Journalistenschule,

willst junge, kreative und um die Ecke denkende Journalisten dazu bewegen, sich am Wettbewerb um den Kölner Medienpreis 2008 zu beteiligen, und zwar mittels einer ganzseitigen Anzeige im NRW-Quartalsheft des Deutschen Journalistenverbands: »Sind Sie preiswert*? Dann bewerben Sie sich um den Kölner Medienpreis 2008 mit Ihrer preiswerten* Berichterstattung« – und anstatt diesen allenfalls mäßigen, mit einem Mindestmaß an Intelligenz ja ohne weiteres zu durchschauenden Wortwitz einfach so stehenzulassen, hast Du unten rechts eine Fußnote plaziert: »* preiswert: den Preis wert sein, Anerkennung verdienen, Preisträger werden, Applaus einheimsen«. Als würdest Du, Kölner Journalistenschule, dem kreativen Nachwuchs zeigen wollen, wie Kreativität auf gar keinen Fall geht, indem man z.B. einen Witz zu Tode erklärt.

Und dafür heimst Du garantiert keinen Applaus ein von Deiner

Titanic

Es war zwar, Juliane von Mittelstaedt,

nur der Stern, für den Sie’s schrieben, und auch nur online, aber immerhin für die Rubrik »Erlesen – ausgewählte Artikel«. Und erlesen war es wirklich, was Sie da über den kurdischen Bauern Muhittin verfaßten, der vor dem Krieg floh und nun wieder nach Anatolien in sein Dorf zurückgekehrt ist: »Außer heimischen Staubs erwartet ihn dort nichts – wegen eines Entschädigungsgesetz, daß seinen Namen nicht verdient.«

Drei Grammatikfehler in einem Satz: lernt man daß auf der Henri-Nannen-Schule, die Sie mal besucht haben? Oder hätten Sie’s zum Not auch ohne eines Ausbildung hinbekommen?

Zuversichtlich:

Titanic

Hoffmann und Campe!

Du hast unter dem Reihentitel »cadeau« ein neues Geschenkbuchformat auf den Markt geworfen und offerierst darin nicht nur Glücklichmacher wie »Für die allerbeste Mutter der Welt«, sondern auch eine Serie mit Männerhobbybüchern: Die ersten beiden Titel hießen »Gärtnern« und »Fischen«. Warum, Hoffmann und Campe, heißt der dritte Band jetzt aber bloß »Vögel«?

Mehr Mut! Wünscht

Titanic

Gelesen, Hans-Olaf Henkel,

haben wir Ihr jüngstes Buch »Der Kampf um die Mitte« nicht, denn mit dem Auszug in der FAS waren wir bestens bedient: »Unser Land ist immer gut gefahren, wenn es sich an der bürgerlichen Mitte orientiert hat. Das galt nicht nur für die von der CDU geführten Regierungen, sondern auch für die sozialliberalen Koalitionen. Durch Rot-Grün brach diese erfolgreiche Tradition ab – mit den bekannten Folgen von Schuldenstaat und Arbeitslosigkeit. Seitdem hat sich das sichere Gefühl für die Mitte, also für den vernünftigen Ausgleich extremer Positionen, in eine ›gefühlte Mitte‹ verwandelt, die links liegt.« Wie wahr, wie wahr, Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung waren unter der Regierung Kohl bekanntlich kein Problem, und vermutlich ist Rot-Grün auch am schlechten Fernsehprogramm schuld und daran, daß Sie nicht mehr so oft ins Talk-TV kommen. »Dabei wurde das Gefühl für die eigene Nation endgültig aus dem Themenkatalog gestrichen. In anderen Ländern sind solche Gefühle bekanntlich eine Selbstverständlichkeit. Wenn der Franzose sein ›Vive la France‹, der Amerikaner sein ›God Bless America‹ oder der Engländer sein ›Rule Britannia‹ anstimmt, kann der Deutsche nur betreten schweigen.« Und das soll er auch; denn schon einmal hat ein Propagandaschwindler ein inbrünstiges »Deutschland, Deutschland über alles« gefordert – mit den bekannten Folgen. Und wenn uns unser sicheres Gefühl für extreme Positionen nicht trügt, ist die Ihre doch längst in die Mitte gerückt – worüber beschweren Sie sich also?

Bitte also schweigen, gerne auch betreten.

Titanic

Sie wiederum, Natascha Kampusch,

zieht es offenbar mit Macht ins Fernseh: Ab diesem Monat moderieren Sie bei einem Wiener Privatsender Ihre eigene Show, in der Sie »interessante Gäste« inter­viewen und dabei »in die Tiefe gehen« möchten.

»In die Tiefe gehen« – je nun, in die Breite sind Sie ja mittlerweile weit genug vorgedrungen, aber haben Sie sich, Frl. Kampusch, das auch gut überlegt? Wenn man nämlich erst einmal im Quotenkeller gelandet ist, kommt man da oft jahrelang nicht mehr raus, und gerade in Ihrem Fall würde das niemand mehr bedauern als immer Ihre

Titanic

Norbert Tiemann!

Als Chefredakteur der einschlägig vorbelasteten Westfälischen Nachrichten wollten Sie anläßlich eines, wie Sie vermutlich schreiben würden, zum Elefanten aufgeblasenen Mückenstreits in der Großen ­Koalition Ihren Lesern einmal zeigen, wie man möglichst viele Politikchecker-Metaphern in möglichst wenige Sätze packt: »Die mutmaßlich auch als Provokation wahrgenommene Selbstzufriedenheit auf der einen Seite und die wachsende Nervosität und Angriffslust auf der anderen Seite entpuppen sich nun als Kulisse für fortwährende innerkoalitionäre Fingerhakelei. Zumal als lachender Dritter eine FDP im Umfrage-Aufwind die politische Bühne wieder betreten hat und sich als Braut zu schmücken beginnt – Eifersüchteleien garantiert. Ein spannender Polit-Cocktail, aber gewiß kein explosiver.«

Das muß man sich mal vorstellen: Eine politische Bühne mit einer mutmaßlich auch als Provokation wahrgenommenen Selbstzufriedenheit auf der einen Seite und wachsender Nervosität und Angriffslust auf der anderen Seite als Kulisse, davor die fortwährende innerkoalitionäre Fingerhakelei, daneben steht als lachender Dritter im Umfrage-Aufwind eine FDP, die sich auch noch als Braut zu schmücken beginnt, was bei den fingerhakelnden Koalitionären zu Eifersüchteleien führt – und das Ganze ist ein spannender, wenn auch nicht explosiver Polit-Cocktail. Weshalb wir uns nicht ganz des Eindrucks erwehren können, hier habe der Autor einen über den Durst geschrieben.

Darauf erst mal einen doppelten Molotow:

Titanic

Zum Jahreswechsel, Adam Soboczynski (»Zeit Leben«),

werden ja stets allerlei Hitparaden aufgestellt und Preise vergeben, und da wollen wir diesmal nicht hintanstehen und verleihen Ihnen hiermit die goldene Mattscheibe 2007 für herausragende Verdienste im Bereich Kastlkompetenz für haar­genau diesen Satz: »Selbst an Alice Schwarzer konnte man in diesem Jahr eine heikle Inszenierungslust beobachten.«

Nur für Selbstabholer!

Titanic

Und, Koch!

»Lieber drei Tage Gefängnis als lebenslänglich kriminell!« ließen Sie über Ihre Büttel von Bild mitteilen. Ein mutiges Bekenntnis, ein letzter Hilfeschrei – den wir einerseits sehr gut verstehen können. Andererseits, Koch: ist es für Sie da nicht schon zu spät?

Lieber lebenslänglich

Titanic

Koch, Roland!

Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, schlägt man halt um sich. Wir haben also zu viele kriminelle jugendliche Ausländer hierzulande. Aaaber, Koch: Haben wir nicht generell zu viele jugendliche Ausländer hierzulande? Ja, haben wir nicht gar zu viele Ausländer hierzulande?

Einfach mal weiterdenken!

Viel Mißerfolg wünscht

Titanic

»Tagesspiegel«-Leser Bernd Wegner (Berlin)!

Wenn der Tagesspiegel schon mal Post aus dem Osten der Stadt bekommt, dann wird der Brief auch gedruckt; und wenn der Verfasser so gut aufgepaßt hat wie Sie, erst recht. Es ging um den Beitrag »Linkspolitikerin Wagenknecht löscht Fotos von Hummeressen«, woraufhin Sie zeterten: »Daß Sarah Wagenknecht Bilder löschen läßt, die nicht zu Ihrem Image passen, ist eine alte Tradition des Totalitarismus. Bilder löschen, retuschieren und verfälschen haben Lenin, Stalin und die Ostberliner Clique ständig gemacht.«

Nun steht in derselben Ausgabe des Tagesspiegels, daß der französische Präsident Nicolas Sarkozy den Chefredakteur von Paris-Match habe feuern lassen, weil das Blatt über eine Affäre der Ex-Frau des Präsidenten berichtet hatte. Wie gut die Redaktion ihre Lektion gelernt hatte, war u.a. daran zu erkennen, daß die Zeitschrift kurz darauf Sarkozys Speckröllchen aus einem Foto retuschierte.

Wie schreiben Sie so schön weiter: »Das Volk rennt trotzdem hinterher und läßt sich für dumm verkaufen.« Und Sie, Bernd Wegner, immer mittenmang!

Einen langen Atem wünscht

Titanic

Jetzt mal im Ernst, Justiz!

Was genau muß man denn nun eigentlich verbrechen, damit eine Straftat einen »rechtsextremen Hintergrund« hat? Was nicht dafür qualifiziert, steht ja fest: Hakenkreuze schmieren, die Reichskriegsflagge hissen, »Ausländer raus« schreien, Asylanten vermöbeln und durch die Stadt jagen, Judengräber umstoßen, den Holocaust relativieren – all dies reicht Dir regelmäßig nicht aus, einen solchen Hintergrund zu vermuten. Liebe Justiz: Das läuft aus dem Ruder! Die Nazis in Deutschland entwickeln ja allmählich eine echte Identitätskrise, wissen kaum noch, wer sie sind! Und wenn die Armen in der Gesellschaft keine Anerkennung mehr finden, werden sie am Ende noch gewalttätig, ja: anfällig für Extremismus! Und das kann doch keiner wollen, oder?

Also immer gleich wegsperren, die Bande!

Darum bittet herzlichst:

Titanic

Hey, Supermarktkette Plus!

Daß auf Deinen Ramschtischen der Zweierpack »Fluch der Karibik«-Socken selbst für schlappe 2,99 Euro kaum Abnehmer findet – meinst Du nicht auch, daß das am unvorteilhaften Namen liegen könnte?

Fragen Deine Piraten auf der

Titanic

Mal hübsch vorsichtig sein, Fiat:

»You are, we car«? Denn es gilt auch: »You crank, we spank!«

Ciao:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt