Briefe an die Leser | Februar 2011


Und, Radiomoderatorin Evren Gezer!

Auf der Homepage Deines Senders FFH gibst Du einige Deiner Charakterzüge preis: »Ich bin eine emotionale Rationalistin mit leichtem Hang zum Pessimismus, den ich aber mit einer ordentlichen Portion Optimismus auszugleichen weiß (nennt man das ›Neutralisation‹?).« Deine Frage möchten wir Dir gerne beantworten: Nein, das nennt man nicht »Neutralisation«, das nennt man »eitles Schwafeln«.
Neutral wie immer:

Titanic

Sie, Dietmar Hopp,

haben in Ihren Eigenschaften als SAP-Milliardär und Finanzier der TSG Hoffenheim den Spieler Luiz Gustavo hinter dem Rücken Ihres Trainers Ralf Rangnick an Bayern München verkauft, was schließlich zur Auflösung des Vertrags mit Rangnick führte. Und weil Sie wissen, daß zu dem, was ein richtiger Fußballverein sein will, so etwas wie das Wohlwollen einer Anhängerschaft gehört, haben Sie die Vorgänge per Mitteilung auf der Vereinshomepage erläutert: »Nach der Absage der Bayern, Luiz im Sommer einen Vertrag zu geben, sondern jetzt oder gar nicht, gerieten wir in echten Zugzwang: Durften wir das Risiko eingehen, einem Spieler diese Chance zu nehmen und ihn damit mental möglicherweise zu zerstören? Im schlimmsten Fall wäre die Psyche von Luiz so stark beschädigt worden, daß nur noch Verlierer übriggeblieben wären.« Wir ahnen, Herr Hopp, wie Sie in den Ruf eines erfolgreichen, aber gutherzigen Firmenchefs gelangt sind. Wie Sie hier nach einer auch fürs Fußballgeschäft beachtlichen Transaktion zur Verbesserung der PR zielsicher die Enke-Finte spielen (»mental zerstört«, »Zugzwang«), das ist schon meisterlich! Aber haben Sie in all Ihrer Empathie einmal darüber nachgedacht, daß Luiz Gustavo mit seinem Schicksal nicht alleine dastand? Auch andere mußten und müssen für ein klägliches Millionengehalt in Hoffenheim Fußball spielen. Wollen Sie diese nicht ebenfalls von ihrem Schicksal befreien und in ein die Psyche weniger stark beschädigendes Leben als, sagen wir mal, Hartz-IV-Empfänger entlassen? Dürfen Sie denn überhaupt das Risiko eingehen, Ihren Verein nicht aufzulösen?
Drückt Ihnen die Daumen:

Titanic

Norbert Geis!

Als immer noch amtierender Chefreaktionär der CSU hetzen Sie in Ihrem monatlichen »Brief aus Berlin« gegen alles und jeden links von Pinochet. So analysieren Sie die Politik der SPD: »Kein Konzept, keine Wähler, kein Ausweg: So steht die SPD derzeit da. Kein Niveau, kein Niveau, kein Niveau: Durch eine solche Politik will sie von den ersten drei Problemen ablenken.« Eine solche Politik? Die bereits dadurch hinreichend charakterisiert ist, daß sie gleich dreimal kein Niveau besitzt? Geis, von welchem Problem wollen Sie mit diesem Argumentationsnihilismus ablenken? Daß Ihr Parteichef Seehofer die Konzepte schneller wechselt als seine Lederhosen? Oder daß Konzepte wie das des vorgestrigen Erzkonservativen noch mal besonders laut poltern, ehe sie aussterben? Wie wäre es denn, wenn Sie einfach mal die Reihenfolge umdrehten?
Abschiedsgruß, Abschiedsgruß, Abschiedsgruß:

Titanic

Natürlich, »Tagesschau.de«,

willst Du auch immer mit ganz besonders hübschen, frechen und peppigen Schlagzeilen dabeisein, aber: »Dioxin auch in Schweinefleisch – Opposition giftet gegen Aigner« – stimmt denn das überhaupt? Wie hätten die das denn reinbekommen sollen in die Frau Ministerin?
Verwundert:

Titanic

Friederike Schulte!

Sie leiten das Carl-Schurz-Haus in Freiburg, das seine Aufgabe vor allem darin sieht, in Deutschland ein »realistisches, aber positives Amerika-Bild zu pflegen«. Im Interview zu den Wikileaks-Veröffentlichungen antworteten Sie auf die Frage, ob deutsche Politiker in den USA als unzuverlässig wahrgenommen würden, ohne weitere Begründung: »Deutschland ist seit Kanzler Schröder für die USA ein unberechenbarerer Partner geworden.« Frau Schulte, da pflegen Sie ja bloß ein irreales, aber negatives Schröder-Bild. Denn Kanzler Schröder hat jederzeit deutlich gesagt, daß Deutschland sich am Krieg der USA im Irak nicht beteiligen wird. Oder ist berechenbar für Sie nur, wer Amerikas Ansinnen kritikfrei zustimmt? Dann pflegt ab sofort ein realistisches, aber negatives Schulte-Bild:

Titanic

Liebe »FAZ.Net«-Redaktion,

Respekt für die Entscheidung, Euren Artikel über die Telefonseelsorge der katholischen Kirche mit der Überschrift »Sexueller Mißbrauch: Eine Nummer gegen das Vergessen« zu versehen: Da habt Ihr die Sache einfach konsequent zu Ende gedacht!
Nur weiter so:

Titanic

Elton John, Teuerster!

Sie und Ihr Lebensgefährte haben nun dank einer Leihmutter ein Kind, den eindrucksvoll benamsten Zachary Jackson Levon Furnish-John. Das ist zunächst eine prima Sache – bliebe nicht, bei aller »Toleranz«, »ein melancholisches Gefühl«, zumindest bei Ihrer wichtigsten Gratulantin, der Mutter allen Unfugs, Bunte-Chefin Patricia Riekel. In ihrem Glückwunschschreiben fragte die sich nämlich, »wie ein Kind mit dem Bewußtsein aufwächst, daß es keine Mutter hat, nicht ein Foto, keinen einzigen Link in die Vergangenheit seiner mütterlichen Linie.« Und weiter: »Vielleicht sind wir ja längst in einer Zukunft angekommen, die George Orwell in seinem pessimistischen Science-Fiction-Roman ›1984‹ entwarf: im totalitären Überwachungsstaat soll zur besseren Kontrolle der Gefühle die Sexualität durch künstliche Befruchtung ersetzt werden.« Wir hingegen, lieber Elton John, sind da ganz unbesorgt: Sollten Sie jemals planen, zusammen mit Ihren Klonkindern einen totalitären Überwachungsstaat zu errichten und ihn als Großer Warmer Bruder zu regieren, so wird das sicher der bunteste, kitschigste und vor allem gefühlvollste totalitäre Überwachungsstaat, den die Welt je gesehen hat! Mit herrlich schrillen Scannerbrillen und Liebesministerien all over the world!
Has learned to love Big Brother:

Titanic

Christian Zaschke!

Als Reporter der Süddeutschen hatten Sie eine ganze Seite drei zur Verfügung, um angesichts des Winters über die Mißwirtschaft bei der Bahn zu berichten. Sie aber haben nicht viel mehr gemacht, als mit dem ICE von München nach Hamburg zu fahren, eine Verspätung bei Hannover auszusitzen und Ihre Eindrücke aufzuschreiben. So kamen Sie auch zu keiner tieferen Erkenntnis, als daß die Bahn unbeliebt, weil uncool sei: »Die Bahn verhält sich in puncto Coolness zur Fliegerei wie das Schlagerduo Marianne&Michael zum Rapper Coolio.«
Nun liegt es uns fern, Marianne und Michael zu verteidigen, aber wer Coolio – einen Typen, der mit »Gangsta’s Paradise« vor Jahrzehnten einen Hit hatte, ansonsten jedoch nur mit Drogendelikten, Pornovideos und Aufenthalten in Dschungelcamps Schlagzeilen gemacht hat – für cool hält, der hat offenbar von Musik genausoviel Ahnung wie Sie von der Bahn.
Und über die Angestellten-Coolness der beruflichen Vielfliegerei unterhalten wir uns später noch mal gesondert.

Titanic

Holla, Katholen!

Es ist ja immer nett, die neuesten Thesen aus Eurem Führerbunker zu vernehmen, aber diesmal waren wir doch verwundert. Da haben nämlich Euer Kurienkardinal Ennio Antonelli, der Familienminister des Vatikans – ein Amt, dessen schiere Existenz uns kurz erschreckte –, sowie der Bischof der spanischen Stadt Córdoba, Demetrio Fernández Gonzáles, von einem Unesco-Programm berichtet, das darauf abziele, »die Hälfte der Weltbevölkerung in 20 Jahren homosexuell werden zu lassen«. Ihr habt das als Warnung verstanden. Aber warum? Nur, weil Ihr so viele neue Mitarbeiter in Euren Kirchen und Klöstern dann doch nicht braucht? Denkt doch nicht immer so eigennützig!

Titanic

Liebe Katja Riemann!

Wie wir auf der Titelseite der Bild-Zeitung lesen konnten, finden Sie: »Meine Titten sind ganz gut.« Für uns keine Überraschung, denn anderes als »ihre Titten sind ganz gut« hat man über Sie in den letzten 25 Jahren doch auch von seriösen Filmkritikern nicht gehört.
Ihre Busenfreunde von der

Titanic

Elektro- und Technikhandel Conrad!

»Sie haben den Spaß, wir haben die Technik«, wirbst Du online und in Euren Filialen. Das ist schön gesagt, und wenn Du uns fragst, dann kann das auch so bleiben.
Mal eben mit Wein und Weib in den Stadtpark:

Titanic

Dieses eine Mal, Silvana Koch-Mehrin,

wollen wir annehmen, daß es sich in Ihrer von »Spiegel online« überlieferten Bemerkung, Guido Westerwelle sei »erfolgreichster FDP-Chef aller Zeiten« beim »aller Zeiten« nicht einfach um die gerade schwerstmodische Dummfloskel handelt, sondern – »alle Zeiten« umfaßt ja nun einmal neben Vergangenheit und Gegenwart auch die Zukunft – um eine auf Insiderwissen basierende Voraussage, daß Sie Ihren Drecksladen in Bälde zumachen oder nur in so marginalem Umfang weiter betreiben, daß er nicht mehr auffällig wird.
Viel Glück!

Titanic

Johannes Singhammer, CSU!

Sie sind stellvertretender Vorsitzender Ihrer Fraktion im deutschen Bundestag. In einer Hörfunksendung äußerten Sie zur stetig wachsenden Gruppe der Menschen, die in Deutschland aus den christlichen Kirchen austreten: »Der Nationalsozialismus und der Sozialismus haben die Kirchen massiv bekämpft. Das hinterläßt natürlich Spuren.« Singhammer, das glauben Sie selbst nicht! Weil vor Jahrzehnten politische Systeme die kirchliche Aktivität einschränkten, kündigen die Leute heute ihre Mitgliedschaft? Wie wär’s statt dessen damit: Jahrhundertelang traten die Leute nicht aus, weil die Kirche Anders- und Ungläubigen mit Feuer und Zange so lange zu Leibe rückte, bis sie es sich noch mal überlegten. Die Spuren, die das hinterließ, haben die ihr Lebtag nicht vergessen, sagt Ihnen

Titanic

Endlich endlich, Kai Pflaume!

Nachdem Sie sich lange Jahre im »Herzblatt«, bei der Glücksspirale, in der »Comedy-Falle«, der »LEGO Show«, bei »Deutschland hilft – Spenden für die Opfer der Flutkatastrophe«, »Star Search«, »Yes we can dance« und was nicht noch ausprobiert haben, scheinen Sie nun Ihre wahre Bestimmung gefunden zu haben: als Werbegesicht für die Zahnbürste Oral-B nämlich.
Denn nicht nur benennt dieses Gerät präzis die »Promi«-Gewichtsklasse, in der Sie spielen, zusammen verbreiten Sie beide auch eine subliminale Zahnbürstelbotschaft, wie sie sich kein Creative Director der Welt besser hätte ausdenken können.
Da weiß man, was man hat. Guten Abend!

Titanic

Lieber Kölner FC,

harte Zeiten verlangen harte Maßnahmen, weshalb es durchaus verständlich ist, daß Du Youssef Mohamad als Kapitän abgelöst habt. Auch die Begründung ist plausibel: Ein Kapitän muß kommunizieren, und Mohamads Deutschkenntnisse gelten als begrenzt. Aber ist es wirklich eine gute Idee, ausgerechnet Lukas Podolski zum Nachfolger zu ernennen?
Fragt höflich:

Titanic

Nicolas Berggruen!

Sie sind nicht nur der gefeierte milliardenschwere Karstadt-Retter und Philantrop, sondern auch ein großer Denker vor dem Herrn, wie Sie dem Stern verraten haben: »Der Kapitalismus und die Demokratie müssen sich enorm verändern. Meine Idee ist, eine Balance zwischen einer fähigen Regierung und einem funktionierenden Markt zu erreichen«, was natürlich eine noch nie gedachte Wahnsinnsidee ist. Weshalb Sie auch gleich eine Stiftung gegründet haben – noch so eine Wahnsinnsidee –, die fähige Regierungen und funktionierende Märkte königskindergleich zusammenbringen soll. In welche Richtung sich die Demokratie verändern muß, haben Sie jedenfalls schon mal angedeutet: »Ich finde, Europa hat ein hervorragendes soziales Netz, aber es ist zu teuer und viel zu unflexibel.«
Und wissen Sie, was wir jetzt denken, Herr Berggruen? Wir denken, die Karstadt-Mitarbeiter sollten sich im Winterschlußverkauf lieber schon mal ein paar ganz warme Pullover sichern.
Teuer, aber flexibel:

Titanic

Na, Guttenberg?

Pünktlich zur Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth wurde eine Umfrage veröffentlicht, in der die CSU dank Ihnen wieder auf immerhin 45 Prozent kam. Auf die Frage der Reporter, wann Sie die Verehrung, die Ihnen entgegenschlägt, zum Sprung an die Parteispitze nutzen, antworteten Sie indes in gewohnter Bescheidenheit: »45 Prozent sind eine Teamleistung von vielen lustigen Charakteren, und diese Teamleistung werden wir auch weiterhin erbringen, und irgendwann werde ich mal ’ne fürchterliche Leistung erbringen und andere bessere, und manchmal ist man selber bißchen besser und andere wieder schlechter, und insgesamt muß man als Mannschaft gut aufgestellt sein, und das sind wir!« Guttenberg, jetzt mal im Ernst! Ihr adelig-untadeliges Understatement in allen Ehren, aber was haben Sie vor? Gedenken Sie einen der nächsten Kriege zu verlieren? Ein mißglückter Einmarsch in Belgien? Eine halbherzige Landung in der Schweinebucht? Eine nicht ganz treffsichere Bombardierung von Nordzypern? Noch mal Ihre Puppe zur Truppe mitschleppen, die Taliban damit aber wieder nicht in die Knie zwingen?
Irgendwas, da sind auch wir ganz zuversichtlich, werden Sie sich einfallen lassen, um den überirdischen Glanz, der von Ihrer Pomade ausgeht, mit einem ganz kleinen absichtlichen Kratzer oder Patzer ins Menschlich-Allzumenschliche herunterzudimmen! Erst wenn Ihre Lichtgestalt auf humane Dimensionen zurückgeschraubt ist und das schier Stauffenbergmäßig-Heroische verliert, wird das Bundeskanzleramt nicht mehr zu klein für Sie sein, und das deutsche Volk wird Sie endlich als das akzeptieren, was Sie sind: der lustigste unter 80 Millionen lustigen Charakteren!
Ihre PR-Spezialisten von der

Titanic

Lieber Schuster-Türke im Altonaer Bahnhof!

Zunächst einmal klingt es ja verständlich, daß Du Deine Kunden per Zettel an der Tür aufforderst: »Bitte Schuhe abtreten!« Andererseits: Wenn wir unsere Schuhe nicht abgetreten hätten, bräuchten wir sie ja nicht zum Schuster zu bringen!
Deine Wanderer auf ausgetretenen Witzwegen:

Titanic

Hey, Christoph Maria Herbst!

Das sieht schon enorm clever und marketingbewußt aus: sich beim ZDF-Traumschiff für eine Gastrolle anheuern lassen, anschließend nach Kräften über das angegraute und verkalkte Bootspersonal spotten und nebenbei noch kräftig die Werbetrommel für ein Buch rühren, welches die Zeit auf dem Schiff genüßlich ausschlachtet.
Aber, Herr Herbst, glauben Sie tatsächlich, die ZDF-Zombies hätten Sie engagiert, wenn Sie wirklich so viel anders wären? Im TV-Geschäft wie anderswo auch gilt: Gleich und gleich gesellt sich gern. Und das »Traumschiff« verhält sich zur US-Serie »Love Boat« wie »Stromberg« zur UK-Show »The Office«, so daß festzuhalten bleibt: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Herbst nur selten einen guten Gag.

Titanic

Und Du, »Spiegel«,

bist uns zum Jahreswechsel mit einem brandheißen Titel gekommen: »Im nächsten Jahr wird alles besser! Von schlechten Angewohnheiten und guten Vorsätzen«.
Und fast, Spiegel, hätten wir das Heft auch wirklich mal wieder gekauft, einzig: Irgendwie war das Nasebohren dann doch interessanter. Aber nächstes Jahr, bestimmt!
Mit Vorsatz:

Titanic

Hans-Ulrich Jörges!

In Ihrer Stern-Kolumne haben Sie wieder einmal gewarnt, und zwar davor, welche Gefahr der Demokratie droht, wenn es in der ARD plötzlich fünf Quasselrunden gibt: »Denn der verschärfte Existenzkampf der Moderatoren zwingt zu härterer Zuspitzung, zu noch griffigeren, populäreren, quotenbaggernden Fragestellungen«, wie Sie unken. »Damit schwindet der Raum für Aufklärung, für konzentrierte, an der Sache orientierte Behandlung eines Themas.«
Nun ist es so, Herr Jörges, daß auch wir diese Sendungen für eine Plage halten, wenn auch aus anderen Gründen als Sie. Aber könnten Sie als Mitglied der Stern-Chefredaktion nicht Ihren crossmedialen Einfluß nutzen und dafür sorgen, daß ein gewisser H.-U. Jörges in diesen Formaten nicht mehr auftaucht? Das würde zwar nichts grundsätzlich ändern, aber wenigstens zeigen, daß es so etwas wie den Willen zur Besserung gibt.
Dankbar:

Titanic

Ach, Gunther von Hagens!

Bloß weil Sie den Parkinson haben, wollen Sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen, in die Sie regelmäßig und ausdauernd sogar Leichname gezerrt haben? Das brauchen Sie aber nicht, denn für uns gilt felsenfest: »Und seh’n wir auch den Gunther rucken / Woll’n wir nicht auf ihn runtergucken!«
Schüttelgereimte Grüße:

Titanic

Und Sie, Ruth Moschner,

hätten wohl mal besser den Schnabel gehalten, statt sich in der Fachzeitschrift OK! bei einem »Quick-Talk« von der Schokoladenseite zu präsentieren (»Beim Flirten mache ich den ersten Schritt«, »Ich habe sämtliche Bücher von Alice Schwarzer aus den 70ern gelesen und fand die ganz toll«, »Meine größte Schwäche ist auch meine größte Stärke«, »Ich bin sowohl gern mit Frauen als auch mit Männern zusammen«, »Klar will man als Frau erobert werden, aber andererseits finde ich es auch gut, selbst zu entscheiden«, »Das Wichtigste am Sex ist die Intimität, und deswegen rede ich da nicht in der Öffentlichkeit drüber«).
Schnauze!

Titanic

Alle Achtung, Sylvester Stallone!

Nachhaltigere Auswirkungen als Ihr filmisches Schaffen hat seit vielen Jahren Ihr Vorname auf die deutsche Sprache – in den vergangenen sechs Wochen schrieben seinetwegen wieder einmal Millionen Menschen den letzten Tag des Jahres falsch.
 Prost! Yhre

Tytanyc

Und außerdem, Stefan Berg

und alle anderen, die an der Lötzsch ihr antikommunistisches Mütchen kühlten – am 5.1. d.J. mal einen Blick auf Faz.net geworfen? »Gesine Lötzsch verteidigt Kommunismus«, und eine Meldung drunter: »Ehemaliger Infineon-Chef Schumacher bekommt 560 000 Euro Rente«.
Nur mal so als Denkanstoß!

Titanic

Huhu, Stefan Berg (»Spiegel online«)!

Die Vorsitzende der Linkspartei hat vom Kommunismus als Parteiziel gesprochen, und Sie waren nicht einverstanden: »Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der Lötzsch über den Kommunismus spricht, vergißt sie dessen Blutspur. Kein Wort verliert sie über die Opfer des Kommunismus, über die Lager in der Sowjetunion, in China oder in Korea, die alle im Namen des Kommunismus errichtet wurden. Nicht einmal über die Kommunisten spricht sie, die Opfer von Kommunisten wurden.«
Schön. Nun ist es aber auch so, daß Sie, Stefan Berg, der Sie gegen den Kommunismus und selbstverständlich für den Kapitalismus sind, dessen Blutspur vergessen und kein Wort über die Opfer des Kapitalismus verlieren, über die via Sklavenhandel massakrierten Neger, die nahezu ausgerotteten Indianer Nordamerikas, das proletarische Massenelend des 19. Jahrhunderts, die Schlachtfelder des Ersten wie auch des Zweiten Weltkriegs sowie die Kriege, die im Namen des Kapitalismus geführt wurden und werden, von der Niederschlagung des Boxeraufstands und dem Herero-Massaker über Vietnam bis Afghanistan. Nicht einmal von den Kapitalisten sprechen Sie, die täglich Opfer von Kapitalisten werden!
Sieger der Geschichte, was?
Ihre Blutspürhunde von der

Titanic

Iris Berben!

Wir können hier nicht alle Ihre Geschmacksverirrungen und Missetaten würdigen, denn sonst wäre ein fünfhundert Seiten langer Brief fällig, aber auf Ihren jüngsten Verstoß gegen das Gebot, zur Entlastung aller Mitmenschen bitte nicht dümmer als unbedingt nötig herumzureden, wollen wir kurz eingehen. Gegenüber dem Geschlechtsorgan Bild am Sonntag haben Sie, wie es so Ihre Art ist, aus dem Nähkästchen bzw. Kochtöpfchen geplaudert und die Menschheit mit der Mitteilung belästigt: »Für mich ist jede Form von Pasta Gaumensex pur.«
Für diese indiskutable Äußerung, sehr geehrte Frau Berben, müssen wir Sie, obwohl es uns als eingeschworenen Gegnern der Todesstrafe und zumal deren brutalster Anwendung im Herzen wehtut, leider zur öffentlichen Steinigung verurteilen. Finden Sie sich bitte am kommenden Mittwoch um sechs Uhr morgens in Frankfurt am Main auf dem Römerplatz ein. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Gott befohlen!

Titanic

Als, Herta Müller,

die Bild am Sonntag Sie aufforderte, neben anderen Prominenten die Freilassung der im Iran inhaftierten Bild-Reporter zu fordern, zögerten Sie nicht. Erinnerten Sie doch die Vorgänge in der islamischen Republik an »die Schauprozesse der stalinistischen Diktaturen in Osteuropa«. Uns schwant allerdings, daß Sie so ziemlich alles an die stalinistischen Diktaturen in Osteuropa gemahnt. Im Lebensmittelladen: »Die Litschis ausverkauft? Das ist ja wie in der stalinistischen Mangelwirtschaft!« Am Bankautomaten: »Meine Geheimzahl? Noch mal gehe ich der Securitate nicht auf den Leim!« Am Mobiltelefon: »Anruf unterdrücken? Ich dachte, ich lebe jetzt in einem Rechtsstaat!«
Aber Sie haben ja recht: Eine Masche, die einem den Nobelpreis und die lukrative Zuneigung großer deutscher Medien beschert, legt man so leicht nicht ab.
Seien Sie beruhigt, keine dieser Zeilen wurde diktiert.

Titanic

Westerwelle!

»Volksabstimmungen ja, aber nicht gegen, sondern vor allem für etwas« – das war nur eine der vielen vorzüglichen Ideen, die Sie in Ihrer schon jetzt legendären Dreikönigsrede zu Gehör brachten – und von denen wir sicher sind, daß sie die FDP nach vorne bringen! Denn Abstimmungen für Stuttgart 21, für Hotelsubventionen, für Atommüll in Baggerseen; zuletzt gar Abstimmungen für die FDP – so können Sie ja praktisch nur gewinnen!
Von Ihrer politischen Brillanz wie geblendet:

Titanic

Wenn, Bill Kaulitz,

Sie Ihrem Bussi-Bussi-Freund Wolfgang Joop in der Arte-Sendung »Durch die Nacht mit…« gestehen, daß Sie, obwohl damit aufgewachsen, das Internet »so schlimm« finden, daß Sie es mit einem Knopfdruck abschaffen würden, wenn Sie dies könnten, dann fragen wir uns doch: Sind Sie am Ende etwa nur ein Schirrmacher mit zuviel Schminke? »Du machst was, und eine Minute später ist es im Internet, und dann geht das um die ganze Welt, und jeder darf es kommentieren, jeder kann es beurteilen, jeder macht sich da ’ne Meinung drüber, und da wird so was kaputt gemacht, und da geht so ein Zauber weg und so ’ne Magie, die du dir dabei denkst.« Jeder macht sich eine Meinung über etwas, ja, so geht es natürlich nicht. Wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder dahergelaufene Ossi mit Fernkurs-Realschulabschluß über das Internet äußern könnte.
Denkt sich ihren eigenen Zauber:

Titanic

Verehrte Eremiten!

Euer »Treffen europäischer Eremitinnen und Eremiten«, das da jüngst im »Haus Maria Lindenberg, Erzdiözese Freiburg« über die Bühne ging – war das eigentlich eine gelungene Veranstaltung? Oder saßen wieder alle nur rum und schwiegen sich an?
Fragt neugierig und weltzugewandt:

Titanic

Ursula von der Leyen (CDU)!

»Zeitarbeit vor Mißbrauch schützen«, so lautet Ihr Slogan zur Novelle des Leiharbeitsgesetzes. Falls Sie noch keine Lösung parat haben, können Sie ja mal bei der Frau Ihres Kollegen Guttenberg nachfragen. Die nämlich weiß, wie es geht: Verkleiden Sie sich als minderjährige und unschuldige Zeitarbeit. Wenn der Unternehmer angebissen hat, gehen Sie mit ihm in seinen Betrieb. Sobald er Sie bittet, sich für ihn zu verdingen, lassen Sie alles auffliegen! Aber nicht vergessen: Erst den Vertrag unterschreiben.
Gern geschehen!

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick