Briefe an die Leser | November 2010


Und Du, lieber »Spiegel«,

läßt eine New Yorkerin zur deutsch geprägten Steuben-Parade auf der Fifth Avenue anmerken: »Bier und Sex. Das ist deutsch. Würde man das eine oder das andere weglassen, würden die Deutschen aussterben.« In der Tat! Aber ganz ehrlich: Würde man den Sex weglassen, stürbe da nicht jedes Volk aus? Und ließe man das Bier weg – wäre ein schneller Exitus nicht sogar wünschenswert?
Prosit!

Titanic

Hallo, E.S.L.

Sprachreisen!
Wer bucht eigentlich bei Dir?
Stellt sich mal ganz dumm:

Titanic

Michael Neudecker (»SZ«)!

Da hatte man geglaubt, nun seien aber wirklich alle möglichen Analysen von Louis van Gaal und seiner »Spiel-Philosophie« getätigt – vor Saisonbeginn schwärmend, seitdem eher zweifelnd –, aber Sie holten noch folgende Ungeheuerlichkeit heraus: »Der Trainer des FC Bayern trägt seine Laune nicht den ganzen Tag mit sich herum, sie entsteht immer wieder neu, sie entwickelt sich, und in Gesprächen ist sie abhängig von den Fragen, die man ihm stellt.«
So reich ist die Welt, wenn man sie mit den Augen eines Kindes bzw. eines steten Neu(ent)deckers sieht!
Beglückte Grüße:

Titanic

Manfred Weber!

Sie sind Vorsitzender der »CSU-Grundlagenkommission«, die heute »Zukunftskommission« heißt. Bundespräsident Wulff hatte in seiner Rede am 3. Oktober gesagt, der Islam gehöre inzwischen genauso zu Deutschland wie Christen- und Judentum. Das ließen Sie im Hörfunkinterview nur als »Zustandsbeschreibung« gelten, denn im Unterschied zu Christentum, Judentum und Aufklärung sei ein Beitrag des Islam zur deutschen Kultur nicht erkennbar. Obwohl: »Da ist mir der Islam lieber als die Atheisten, von denen es ja inzwischen in Deutschland auch eine ganze Menge gibt.« Öchel. Rührt man diesen Mentalbrei einmal um, ist es aber so, daß der Beitrag der von Ihnen als kulturstiftend identifizierten Aufklärung großteils in einem heiteren und unerschrockenen Atheismus besteht. Lesen Sie’s einfach mal nach, bei Voltaire, de La Mettrie und den anderen, rät

Titanic

Werter Bruno Ganz!

Wenn Sie im Interview mit der Bunten mitteilen, daß Sie den »Vernichter Alkohol« bekämpfen wollen, daß Sie gerade vor der Alternative stehen: »Entweder Sie stellen sich dem Totalruin oder Sie killen das Ding«, weil alles andere »keine Lösung« ist, und obendrein raunen: »Der Tod ist nicht mehr mein Feind«, sprechen da eigentlich noch Sie? Oder kann es sein, daß der Führer nicht nur Ihre »Paraderolle« war, sondern auch sonst tiefere Spuren in Ihrem Bewußtsein hinterlassen hat?
Nicht daß es noch bös’ mit Ihnen endet!

Titanic

Hallo, Herr Verteidigungsminister!

Wie man so hört, ist die Zahl der psychisch erkrankten bzw. traumatisierten Soldaten im Afghanistan-Einsatz erschreckend hoch. Aber warum? Sind das alles Weicheier und Drückeberger, wie es an den Stammtischen rumort? Wir könnten Ihnen als Alternative eine ganz einfache, vielfach belegte und unter Arbeitsmedizinern und Versicherungsleuten seit Jahren bekannte Weisheit bieten, der zufolge die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkrankung bei berufstätigen Menschen aller Branchen rapide steigt, wenn diese in ihrem Schaffen keinen Sinn mehr erkennen können. Klingelt’s da bei Ihnen?
Rückzug marsch!

Titanic

Hey, Merkel!

»Ich hätte nie einen Freund verraten«, offenbarten Sie einem Interviewer zu Ihrer düsteren DDR-Vergangenheit. Das glauben wir Ihnen sogar. Aber Ihre Feinde, Frau Kanzlerin, die hatten schon damals nichts zu lachen, was?
Grüße an die dunkle Seite der Macht:

Titanic

Und schon wieder Du, Tageszeitung »Welt«!

»Stuttgart 21 braucht einen Schlichter wie Roland Koch«, forderst Du und triffst den Nagel damit auf den Kopf. Wir sind mal gespannt auf Deine nächsten Initiativen: Soll George W. Bush im Atomstreit mit Iran vermitteln? Oder braucht China bei der Diskussion um seine Menschenrechte einen Schlichter wie Pol Pot?
Immer ein Fäßchen Öl zum Löschen parat:

Titanic

Georg Diez und Claudia Voigt!

Im Spiegel habt Ihr deutschsprachige Migrantenliteratur gelobt und das Fremde im Eigenen als Qualitätsmerkmal herausgestellt: »In der Gegenwartsliteratur macht es gerade den Reiz aus, daß das Deutsch einer Terézia Mora in Melodie und Rhythmus eine ungarische Unterströmung hat, daß die Sprache eines Maxim Biller von entschiedener Klarheit ist, daß Feridun Zaimoglu mit solch orientalischer Üppigkeit erzählt.«
Das kann ja sein; aber warum, Georg Diez und Claudia Voigt, im Falle des Ausländers Biller so verdruckst? Das wird man ja wohl noch sagen dürfen, daß die entschiedene Klarheit und zersetzende Schärfe des jüdischen Intellekts der eingeboren arischen Literatur in die Moderne hilft!
Eure Unterströmung möchte jedenfalls nicht haben:

Titanic

Und Du, Philippe Croizon,

bist komplett arm- und beinamputiert und durchschwammst in der Rekordzeit von 13 Stunden ausgerechnet den, ja genau, was auch sonst: Ärmelkanal! Glückwunsch. Und als nächstes besteigst Du den Knieberg in den Dolomiten?
Wir behalten Dich im Auge!

Titanic

Übrigens, Herr de Maizière!

War es nicht ein wunderschönes Kompliment, das Ihnen die kritischen Journalisten von der Zeit da im Interview machten? Noch einmal, zu Ihrer Labsal: »Wir müssen uns immer anstrengen, mit Ihnen zu streiten, Herr Minister, weil wir meist sympathisch finden, wie Sie denken.« Ein Satz, so sonnenschön, daß ihn noch die linientreusten Zonen-Zensoren dem Neuen Deutschland nicht hätten durchgehen lassen: aus Gründen der Systemglaubwürdigkeit.
Aber verstehen auch Sie wenigstens nach und nach, de Maizière, warum das deutsche Kulturkleinbürgertum derzeit so an der DDR leidet? Weil es sich selbst in deren Nomenklatura wiedererkennt? Nein? Sie verstehen schon die Frage nicht?
Dann will nichts gesagt haben:

Titanic

Hui, Roland Koch!

Wenige Wochen nachdem Sie sich müde aus der Politik verabschiedet hatten, warfen Sie schon das Hammerbuch »Konservativ« auf den Markt, um die weltanschauliche Lücke zu schließen, die Ihre linksgewirkte Parteichefin in der CDU angeblich hat entstehen lassen. Leider ist das Werk Ihren Freunden von der Presse zu weich und abwägend geraten, um Sie zum Erlöser einer neuen Rechten zu machen. Dabei versprach zumindest dieser eine Satz, den der Focus im Vorabdruck hervorhob, deutlich mehr: »Der Gedanke eines patriotischen Bandes, das ein Volk in Zeiten der Demokratie und Freiheit zusammenhält, ist zwar konservativ, aber wieder modern.«
»In Zeiten«, Herr Koch? Wählt man diese Formulierung nicht, wenn man schicksalsschwere Stunden charakterisieren will? Zeiten der Not oder Zeiten der Pest etwa? Düstere und unheimliche Zeiten, in denen das Chaos der demokratischen Freiheit nur durch eine starke nationalistische Führung zu bändigen ist – Zeiten jedoch, die auch wieder vorübergehen? Hand aufs Herz, Koch! Wissen Sie womöglich etwas, was wir nicht wissen? Plant da vielleicht irgendein vorgeblich kreidefressender Hessen-Hitler doch klammheimlich einen Putsch?
Dann seien Sie doch so lieb und geben uns vorher kurz mal Bescheid. Wir würden es der eingelullten Öffentlichkeit auch nicht weitersagen, sondern uns schnellstens aus dem Staub machen.
Dank im voraus:

Titanic

Thomas de Maizière!

Um die Bedenken linksradikaler Datenschützer zu zerstreuen, testeten Sie persönlich einen Körperscanner auf dem Hamburger Flughafen und verkündeten danach der versammelten Weltpresse: »Ich habe das Bild gesehen. Ich habe mich nicht selbst erkannt, sondern nur ein Strichmännchen. Das war ein ganz normales, ein gutes Gefühl.« Aber wieso brauchen Sie dafür so eine teure Technologie? Das kann Ihr Badezimmerspiegel doch genauso!
Weiterhin gute Selbsterkenntnis:

Titanic

Yo, Margot Käßmann!

Daß Sie sich nach all dem Trubel um Ihre hannoversche Spritztour nach Amerika, ins Mutterland der Bigotterie, abgesetzt haben, um dort als Gastdozentin zu wirken, ergibt Sinn; weniger dagegen Ihre in der BamS geäußerte Vermutung, daß die Studenten bei Ihrem Anblick denken: »Was macht denn die Mommy hier?« Schließlich gibt es auch in Amerika Google, und wenn die Studenten von Ihrer Trinkfestigkeit erfahren, werden sie wohl eher denken: »Hoffentlich ist die Alte vor dem Spring Break wieder weg, sonst bleibt für uns nichts mehr übrig!«
Glaubt fest:

Titanic

Verständlich, Reinhard Birkenstock,

daß Sie mit der Entscheidung des Gerichts hadern, den Münsteraner Rechtsmediziner Bernd Brinkmann wegen Befangenheit im Prozeß Ihres Mandanten Jörg Kachelmann abzulehnen, vertritt jener in seinem Gutachten doch die Auffassung, das mutmaßliche Opfer Kachelmanns habe sich seine Verletzungen selbst zugefügt. Kaum verständlich ist aber, daß Sie Ihren Protest mit dem ausdrücklichen Hinweis verbinden, Brinkmann sei »für die Rechtsmedizin so etwas wie Beckenbauer für die Fußballwelt«. Was wollen Sie damit sagen – daß Brinkmann der ehelichen Untreue ebenfalls nicht abgeneigt und darüber hinaus eine eitle Laberbacke ist, die heute dies und morgen das Gegenteil behauptet?
Sollte Ihre Verteidigung auf einer ähnlichen Argumentationsführung aufgebaut sein, sieht schweren Sturm auf Kachelmann zukommen:

Titanic

Solche Nachrichten, »Welt«,

wie jene vom Amoklauf in Lörrach verlangen natürlich nach sofortigen Hintergrundberichten. Andererseits pflegen die meisten Amokläufer ihr Vorhaben nicht ordnungsgemäß anzumelden, so daß Zeitungen wie Du, Welt, über diese Hintergründe zunächst gar nicht viel sagen können. Bei diesem Spagats hast Du diesmal ganz große Klasse bewiesen und überzeugtest Deine Leser am Morgen danach mit einer messerscharfen Analyse, nur wenige Stunden nachdem die Polizei die Dame mit 17 Schüssen niedergestreckt hatte: »Nach dem Amoklauf gibt es noch viele offene Fragen. Was die Ermittler bereits wissen: Sabine R. hat in diesem Sommer ihr Glück verloren.«
Hoppla! Wenn Du Dich da mal nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt hast!
Fürchten jedenfalls die Amokspezialisten auf der

Titanic

Gott zum Gruße, Weihbischof Jaschke!

Zur christlich-deutschen Leitkultur ließen Sie sich anläßlich des Integrationsstreits vom Kölner »Domradio« befragen und wußten prompt: »Wir sind über 60 Prozent Christen in unserem Land, wir haben eine Kultur, auf der wir aufbauen, ein Boden für unser Recht und unsere Sittlichkeit, das kann nicht einfach so weggewischt werden.«
Wenn Sie damit auf das seit jeher prekäre Verhältnis Ihres Katholizismus zur Sittlichkeit anspielen, haben Sie natürlich vollauf recht, Hochwürden; und auch das Wegwischen der entsprechenden Sünden beherrscht Ihre Religion ja besser als das Muselmanentum. Andererseits, Exzellenz, sind es eben diese Islami, die in unserem Land überproportional häufig für einen saubergeputzten Boden sorgen. Und damit pflegen sie doch eindeutig das Deutschtum!
Reinigende Grüße mit dem Weihwassersprengel sendet:

Titanic

Liebe Ostfrauen!

Klar, nach vierzig Jahren grauer Tristesse will man es bunt treiben. Aber irgendwann muß die Lust an der Bi-Color-Haartönung doch mal nachlassen. Auch mit »nur« schwarzen, »nur« braunen oder »nur« blonden Haaren kann man ein erfülltes Leben leben!
Zur Feier der Einheit:

Titanic

Nadja Benaissa!

Da sagen Sie was – und zwar gleich auf der Titelseite des Stern: »Die Zeit mit den No Angels war ein Albtraum.« Aber wem sagen Sie das? Das ging uns allen doch genauso! Nur: Sie hatten wenigstens allezeit die schönsten Drogen und konnten sich hin und wieder eine Auszeit von der Musik nehmen. Für uns dagegen gab es zur Hochzeit Ihrer Formation praktisch kein Entrinnen vor den endlosen Schrecken Ihrer Gesänge – noch heute wachen wir manchmal schweißgebadet mit »Daylight« in den Ohren auf! Vielleicht denken Sie da mal drüber nach, wenn Sie das nächste Mal wieder auf reuige Sünderin machen?
Grüßt mit Engelszungen:

Titanic

Huhu, Gerhard Schröder!

Die Erinnerung an Sie ist nun schon einigermaßen verblaßt, traumatypische Verdrängung macht’s möglich. Waren Sie blond? Trugen Sie Hut? Hatten Sie noch alle Zähne? Wir wissen’s nicht mehr. Auch die FAS versuchte unlängst verzweifelt, Sie zu vergegenwärtigen, und bediente sich einer Merkhilfe: »Die meisten Regierungen bleiben mit einer großen Überschrift in Erinnerung: Wiederaufbau (Adenauer), Kampf gegen den RAF-Terror (Schmidt), deutsche Einheit (Kohl), Kampf gegen den islamistischen Terror (Schröder) – um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen.«
Und da stand er uns wieder glasklar vor Augen: der rastlose Kulturkämpfer Schröder, der Verteidiger der Christenheit! Wie er den muselmanen Horden überraschend das Existenzminimum kleinrechnete, wie er die Terroristen durch endlose Bewerbungsseminare demütigte und wie er ihnen schließlich ihr klein Häuschen wegnahm, auf daß sie dort keine Massenvernichtungswaffen mehr lagern konnten. Schön, Schröder, wenn man wenigstens durch eine Sache seinen Nachruhm verewigen kann, nicht wahr? Auch wenn man sie nicht mehr beim Namen nennen darf.
With all our hearts and fear:

Titanic

Sandra Maischberger!

In Deiner Quasselsendung mit dem ausgewogenen Titel »Kopftuch und Koran – hat Deutschland kapituliert?« wollte sich die Soziologin Irmgard Pinn partout zu keiner Pauschalaussage hinreißen lassen. Ob der Islam frauenfeindlich sei, fragtest Du zum Beispiel, worauf Pinn entgegnete, daß eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit der Frage den Rahmen der Sendung sprengen würde. So könne man aber keine Sendung mehr zum Thema machen, stelltest Du indigniert fest. Gut erkannt, Sandra! Nun mußt Du nur noch die Konsequenzen ziehen. Erstens: keine Sendung mehr zu diesem Thema; und zweitens vielleicht, und noch viel besser: nie wieder »Menschen bei Maischberger«.
Hilft gerne auf die Sprünge:

Titanic

Hallöchen, Joachim Gauck!

Noch Monate nach Ihrer Präsidentenkandidatur im Juni geht er Ihnen nicht aus dem Kopf, »dieser völlig ungewöhnliche Zuspruch insbesondere von der jüngeren Bevölkerung«, weshalb Sie die Jugend- und Spaßseite der Süddeutschen mit einem staatsbürgerlich wertvollen Interview vollmachen mußten, das sich hauptsächlich um eines drehte: um Sie selbst als ehernen Garanten der Demokratie. Den Rest der Welt streiften Sie allenfalls anhand lustiger Ideen wie der, »Menschen, die Schülersprecher an einer Schule waren«, sollten »sich die Zeit dort zertifizieren lassen« können, um anschließend leichter Aufnahme in einer Partei zu finden. Schön, Gauck, daß sich endlich mal jemand der verborgenen Nöte ehemaliger Schülersprecher annimmt. Die klammheimlichen Vorbehalte der Parteien gegenüber dieser engagierten Spezies werden bald Geschichte sein!
Und weil Sie schon mal derart in Fahrt waren, verrieten Sie dem staunenden Jungvolk dann auch gleich noch »das große Geheimnis von gelingendem Leben«. Wo findet man das? Hier: »Schauen Sie sich die Jungs von der Freiwilligen Feuerwehr an, wenn sie sich nach der Übung einen einschenken!« Wir sind uns allerdings nicht ganz klar, worauf Sie damit hinauswollen: daß die Freiwilligen Feuerwehren rein statistisch 90 Prozent aller Brandstifter rekrutieren, ihre Mitglieder überproportional häufig an tödlichen Alkoholfahrten beteiligt sind? Oder einfach, daß Sie trotz Wahlniederlage der alleridealste deutsche Feuerwehrehrenpräsident und der allereinzigste Bundeschefpastor und Fernsehfeldpredigerschwadroneur der Herzen sind?
Das indes findet, exakt wie Sie, »überraschend und beglückend«:

Titanic

Du, »Yakult«,

bewirbst Deine mit Gesundheitsbakterien angereicherten Joghurtdrinks mit dem hübschen Spruch: »Hör auf deinen Darm!« Diesen Rat möchten wir gerne befolgen. Und auch unsere Mitmenschen zuhören lassen.
Pfffrööööt!

Titanic

Kuckuck, »Spiegel Online«!

Nachdem eine Lörracherin ihren Mann und Sohn ermordet hatte und anschließend in einer Klinik Amok gelaufen war, grubst Du Dich gleich tags drauf in die mehr universellen Hintergründe und Statistiken unter der prima Überschrift: »Bluttat von Lörrach: Warum Frauen selten Amok laufen«. Das nun wissen wir, die wir umgehend nicht weitergelesen haben, nicht, ahnen aber, daß der Grund dem ähnelt, aus welchem Spatzen selten Auto fahren, Kinder selten Elefanten fressen und sogar die Männer selten Amok laufen: Vermutlich ist’s halt nicht die Regel.
Weitermachen!

Titanic

Erika Steinbach, alte Revanchistennudel!

Als jüngst auf dem Berliner Ring ein polnischer Reisebus – ausgerechnet wegen des Fahrfehlers einer deutschen Polizistin – verunglückte und zehn Polen starben, da schaute ja schon das ganze deutsche Feuilleton bange auf Ihre Homepage und war auf Ihren Kommentar gespannt. Und was kam? Nichts! Etwas enttäuscht lasen wir dann anderntags die Zeitung – und siehe da, die Nachrichtenagenturen hatten Ihnen die Arbeit abgenommen: »Polnischer Reisebus hatte nicht überall Gurte«. Gott sei Dank! So können wir uns ganz großdeutsch wieder zurücklehnen und mit Ihnen wissen, daß die Polen aber auch immer ein bißchen selbst schuld sind.
In Bussen stets angeschnallt:

Titanic

Daß, Supermarktkette Kaiser’s,

monogame Langzeitbeziehungen eine gewisse Herausforderung für ein aufregendes Sexleben darstellen, dürften die meisten ahnen. Trotzdem scheint uns Dein Lösungsvorschlag, den Du auf mannsgroßen Plakaten allüberall in Deinen Märkten verbreitest, doch etwas arg pragmatisch: »Jetzt Treuepunkte sammeln und sich selbst verwöhnen!«
Hat’s lieber romantischer:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick