Briefe an die Leser | Juli 2009


Lady Bitch Ray!

Du fühlst Dich als »Porno-Rapperin« nun also ausgebrannt: »Mein Burnout hat sehr direkt mit meiner künstlerischen Identität als Lady Bitch Ray zu tun: Als freigeistige Einzelkämpferin habe ich ein Jahrzehnt lang an einer Philosophie gefeilt, die ich im Endeffekt als ›Vagina Style‹ vollendete.« Aber, um mal olle Blixa Bargeld zu zitieren, ist »vielleicht nur entzündet, was da brennt«?

Gynäkologische Grüße:

Titanic

»Welt«!

Man staunt dann doch immer wieder, wenn man die Überschriften Deiner wöchentlichen Karriere-Welt liest: Was da so alles in puncto »Beruf & Bildung für Fach- und Führungskräfte« enthüllt wird! Da erfahren die Manager der Zukunft allerhand Geheimrezepte: »Wer Einsatz zeigt, ist oft beruflich erfolgreich«, und Betriebswirtschaftler erhalten faszinierende Einblicke in rätselhafte Berufe: »Unternehmensberater sind Problemlöser für schwierige Fälle«. Für die Workaholics gibt es fundierte Studien zur Arbeitsmedizin (»Wer ständig an seine Grenzen geht, setzt die eigene Gesundheit aufs Spiel«) und bahnbrechende Neuigkeiten aus der Arbeitspsychologie (»Intuition kann im Berufsalltag ausgesprochen hilfreich sein«). Und wenn’s mal doch nicht so geschmiert läuft mit der Steilkarriere, hast Du den ultimativen Ratschlag für berufliche Krisen parat: »Wenn die Arbeit, der Chef oder die Kollegen nerven, sollten Sie über einen Wechsel nachdenken.«

Da wirst Du, Welt, es verstehen, wenn wir sehnsüchtig auf die nächste Ausgabe warten, wo die »Fach- und Führungskräfte« Deutschlands weiteres Basiswissen erhalten (»Wie man mehr Geld ausgibt, als man hat: Schulden und Staatsbürgschaften«), praktisch angeleitet werden (»Sicher investieren in Luftnummern«) und sowohl einen Crashkurs in Krisenbewältigung (»Wenn Aufträge nicht kommen wollen: Korruption als kreatives Marketing«) als auch in Zeitmanagement erhalten: »Wer Bonuszahlungen will, muß nicht automatisch etwas dafür tun«. Abrunden könnte man das dann mit einem Artikel zum »Berufsfeld Wirtschaftsjournalist: Wie man mit Platitüden Kompetenz vortäuscht« – wie wär’s?

Es grüßen die Fachkräfte auf der

Titanic

In Deiner Rezension, »buch aktuell«,

des Buches »Die Gnade der Amish« von Donald B. Kraybill, Steven M. Nolt und David L. Weaver-Zerchner klärst Du erst einmal Grundlagen: »Etwa 25 000 Amish leben noch dort [in Pennsylvania]. Sie führen ein einfaches Leben, zumeist als Landwirte, und lehnen technische Errungenschaften weitgehend ab. Und doch kann der moderne Mensch so viel von ihnen lernen. Besonders nach den Ereignissen vom 11. September 2001« – nämlich was? Daß man besser nie Flugzeuge gebaut hätte, denn wenn zwei Kutschen ins World Trade Center gerast wären, dann hätten sich allenfalls die Pferde ein paar Beulen eingefangen? So wär’s wohl gewesen. Und doch – wäre dann nicht auch das WTC aus Holz gewesen, und hätte ein besonders pfiffiger Attentäter nicht eine Fackel dabeihaben können?

Gewohnheitsmäßig ablehnend:

Titanic

»Cicero«!

»›Wie prachtvoll Kuba einmal gewesen sein muß!‹ Fünfzig Jahre Unterdrückung und sozialistische Marktwirtschaft haben die Sonneninsel ruiniert. Büchner-Preisträger Martin Mosebach blickte für Cicero hinter die Fassaden von Havanna.« Und genauso wird’s gewesen sein: Die Kubaner lebten wie alle Lateinamerikaner in Saus und Braus, bis eine Handvoll Revolutionäre plötzlich die, oha, sozialistische Marktwirtschaft einführte und die Sonneninsel aus purer Bosheit ins Elend stürzte. Und Martin Mosebach hat’s herausgefunden, ohne sich von den Fassaden Havannas täuschen zu lassen.

Prachtvoll, wirklich.

Deine Insulaner auf der

Titanic

Peter Dausend!

In der Zeit widmeten Sie sich der Sie wohl schon länger quälenden Frage, warum Frauen in der CDU mächtiger sind als in der SPD. Und antworteten so blitzgescheit wie galant: »Merkel, von der Leyen und Süßmuth eint, daß sie Quereinsteigerinnen sind; keine ist das Produkt einer Parteisozialisation. Und: Das Untypische macht sie attraktiv. An der Spitze der Sozialdemokraten findet man keine SPD-untypischen Frauen.« Und eben, wir ergänzen in Ihrem Sinne, keine attraktiven. Wohingegen Leyen, Süßmuth, Merkel! Ein Triptychon, eine Trisomie, wo nicht Tripelpenetration von Sexiness, Esprit und Flirt!

Ihren Fetisch möchte jedenfalls nicht haben:

Titanic

Peter Struck!

Am Ende Ihrer Tätigkeit als Fraktionschef der SPD haben Sie den Vergleich mit Ihrem Vorgänger Herbert Wehner als absurd bezeichnet: »Das war eine andere Generation, ganz andere Biografien, ganz andere Lebensleistungen. Aber wenn man sagt, das ist ein knorriger Typ, das gefällt mir.« Des weiteren haben Sie erklärt, daß Sie Alkohol konsumieren, und zu unserer Beruhigung rasch hinzugefügt: »Aber ich war in meinem ganzen Leben noch nie betrunken.« Wir schließen daraus, daß Sie in Ihrer Amtszeit als Verteidigungsminister nüchtern waren, als Sie ein Kontingent Bundeswehrsoldaten dazu abkommandierten, die Freiheit Deutschlands am Hindukusch zu verteidigen. Und nun fragen wir uns natürlich: Wenn eines Tages ein paar tausend knorrige Typen aus dem Morgenland auf die Idee kämen, die Freiheit Afghanistans am Wannsee zu verteidigen – würden Sie dann nicht vielleicht doch das Bedürfnis verspüren, sich Ihre politische Vergangenheit mit einer Überdosis Jägermeister schönzutrinken?

Weggetreten!

Titanic

Solltest Du, Elektro-Fachmarkt Saturn in Bochum,

Deine Devise »Wir hassen teuer!« nicht besser ändern in »Wir hassen Fremdwörter«? Denn schau mal: Das Wort heißt »integriert«. Und wie schreibst Du es in Deiner neusten Werbezeitung? Intrgiert, intrigiert, intrgiergt. Das ist nicht nur vkrehrt bzw. vekrekht, es ist auch eindeutig schlechter als reigenritt, irrtenteig oder erregtinit.

Stmmits?

Deine Integrationsbeauftragten auf der

Titanic

Liebe Frau Blau!

Wäre es als Vorsitzende der Partei »Die Violetten – für spirituelle Politik« nicht möglicherweise einen Tacken konsistenter, konsequenter und kongruenter gewesen, mittels z.B. »Lichtarbeit« eventuell sich selbst in Frau Lila zu transformieren? Resp. ersatzweise und ganzheitlich in »Die Blauen«?

Ihre lila Launebären von der

Titanic

Bayerischer Rundfunk!

»Das Risiko eines NPD-Verbots«, erklärte Dein B5-Nachrichtensprecher am 19. Mai, »hält Bundesinnenminister Schäuble für zu hoch«; was natürlich hätte heißen sollen: »das Risiko eines abermals vom Bundesverfassungsgericht abgelehnten NPD-Verbotsantrags« – aber für solche Absenzen lieben wir Dich ja. In Unrechtsstaaten wie der DDR mußte man zwischen den Zeilen lesen, in Rechtsstaaten wie Bayern muß man wochenlang BR hören, bis einem Sprecher mal die Wahrheit herausrutscht: daß Schäuble die NPD braucht, damit einer wie er noch als liberal gilt.

Dann aber wiederholst Du diese Wahrheit gleich einen ganzen Nachmittag lang im Viertelstundentakt da capo al fine, als müßtest Du sämtliche Parteifunksünden auf einmal abbüßen; und da hört doch auch weiter gerne weg:

Titanic

Jetzt mal Hand aufs Herz, Friede Springer!

In einer Szene des Spielfilms »Der Vorleser« trägt die Schauspielerin Kate Winslet also ein Schamhaartoupet. So berichtet es jedenfalls eines der umsatzstarken Leitmedien, für deren Besitz Sie vollkommen zu Recht das Große Bundesverdienstkreuz erhalten haben. Da Sie ja nun offenkundig nicht gerade prüde sind, was die öffentliche Erörterung delikater Dinge betrifft, werden Sie uns doch gewiß bereitwillig die Frage beantworten, was Sie denn selbst unterm Dirndl zu tragen pflegen: Naturkrause, Landebahn, Platte oder Toupet?

Heraus mit der Sprache! Und tun Sie nicht so, als ob wir mit diesem Thema angefangen hätten.

Titanic

Sagt mal ehrlich, Italiener,

wie lange wollt Ihr dem Rest der Welt eigentlich noch das Trauerspiel eines Volks bieten, das sich von einem selbstverliebten neureichen Medienfuzzi mit cäsarischen Allüren und allzeit offenem Hosenstall regieren läßt?

Ist nur so eine Frage.

Titanic

Das ist, verehrte Fa. Wrigley,

ja schon so eine Sache, wenn man seit über einem Jahrhundert den immer gleichen Kauklumpen unters Volk bringen muß. Und da so ein Kaugummi nun letztlich nicht als kulinarischer Höhepunkt eingeschoben wird, sondern aus Gründen, die insgesamt wenig werbeträchtig sind (Zwangsverhalten, Macke, Mundgeruch), gehst Du jetzt in die Offensive und bringst ein neues »Lifestyle-Kaugummi« auf den Markt, nämlich »5 GUM«, das so heißt, weil es alle »fünf Sinnesbereiche« anspricht: »Look, Smell, Hear, Taste und Touch.« Denn heutzutage entstehen »in der Re-Kombination von Tradition und Technologie, von analog und digital, andauernd neue Sensationen«, z.B. auf dem Smell-Sektor: »Das avancierte Duft-Design transzendiert das angestammte Feld blumiger Wohlgerüche in Richtung einer komplexen Duftsprache.« Und auch beim Touch tut sich so einiges: »Produktdesigner verwandeln mittels neuer Materialien und intelligenter Oberflächen High Tech in High Touch« usf. Und das alles wegen zweier Kaugummis, die »als sensorische Besonderheit ein aufregendes Prickeln auf der Zunge« resp. »ein spezielles Knuspern« erzeugen.

Aber bei aller »Re-Kombination« der »fünf klassischen Sinnesfelder« – eines, Wrigley, bleibt doch beim alten: Deine alten Gummis sind, wenn man an irgendeiner Tisch- oder Stuhlunterseite versehentlich hineinfaßt, sensorisch so eklig wie eh, die Flüche, die man dabei ausstößt, sind altmodisch immanent, und die Verursacher der analogen Sauerei sind dieselben unterkomplexen, nicht ganz knusperen Ferkel wie schon immer.

Und dafür nu’ der ganze Aufwand!?

Avancierte Grüße:

Titanic

Und was, Veit Medick c/o »Spiegel online«,

ersehnt Ihrer Meinung nach die SPD? »SPD ersehnt ein Schröder-Wunder«, denn: »Die Partei ist gelähmt« – aber haben Sie da nicht zwei Wunderheiler miteinander verwechselt? Vom Vater verlassen wurden zwar beide, aber es war der Nazarener Zimmermannssohn, der Lahme wieder gehend gemacht hat. Der Hannoveraner Putzfrauensohn hingegen hat mit Hilfe der Sozialstaatabrißbirne namens Hartz IV das Wunder vollbracht, in kürzester Zeit die Wählerschaft der SPD so stark zu reduzieren, daß die von nur fünf Broten und zwei Fischen satt werden kann.

Und das wollen die wirklich noch mal haben?

Von uns aus gern!

Wasser zu Barolo:

Titanic

Rudi Assauer!

Daß trotz Ihrer Handgreiflichkeiten (»Simone Thomalla und Rudi Assauer: Prügelei auf Sylt«) Ihr Werbevertrag mit Veltins weiterläuft, hat uns nicht überrascht. Denn was harmoniert besser mit einem Bier zuviel als ein beherzter Schlag ins Gesicht einer nervenden Ex? Höchstens noch die anschließende Lektüre der Bild-Zeitung. Und von der liegt doch wohl immer ein Belegexemplar griffbereit!

Paßt doch wie die Faust aufs Auge, das alles.

Titanic

Und Ihnen, Raab,

hat es an Selbstbewußtsein ja noch nie gefehlt, weshalb Sie sich via Spiegel online der Republik gleich als Fußballmannschaftsleiter andienten: »Ich kann mir durchaus vorstellen, Teamchef einer Profi-Mannschaft zu sein. Fußball ist doch kein so komplexer Sport, daß ein aufnahmefähiger Mensch wie ich das nicht durchschauen könnte … Das ist alles eine Frage des Delegierens. Fußballspieler sind Fußballspieler, weil sie Fußball spielen können. Daß die fit sind, dafür sorgt jemand anders. So eine Mannschaft braucht wie ein Unternehmen jemanden, der sagt: ›Leute, vorwärts. Ich will etwas erreichen, und das ist meine Idee.‹ Man muß die Leute begeistern können, und dann geht alles« – schon klar und tausendmal gehört, aber wissen Sie, Raab, mit der Komplexität ist das so eine Sache: Die einen besitzen sie, die anderen erkennen sie nicht. Die einen haben schon mal vom »Projekt Klinsmann« und seinem Ausgang gehört, die anderen offenbar nicht. Und Wichtigtuer sind Wichtigtuer, weil sie wichtigtun können; für die geistige Fitneß sorgt jemand anderes, nämlich Ihr Alleskönner-Magazin

Titanic

Weil es, Cindy aus Marzahn,

im Fernsehen ja längst noch nicht genug dumme Sendungen gibt, in denen die immergleichen Pappnasen ihre immergleichen »Späße« machen, hat man Ihnen jetzt auch eine solche Sendung auf den 16:9-Leib geschneidert. Sie heißt »Cindy und die jungen Wilden«. Und angesichts des dort auftretenden und sagenhaft wilden Nachwuchspersonals wie Johann König, Vince Ebert und Hennes Bender fragen wir uns, wann endlich – Dieter Hallervorden auftaucht. Wie? Nicht bei Brainpool unter Vertrag?

Schade!

Palimpalim:

Titanic

Straßenverkehrsamt Frankfurt am Main!

Bürgernähe schön und gut, aber was wir da auf der Rückseite Deiner »Verwarnung« wegen Parkens im eingeschränkten Halteverbot lesen müssen, scheint uns doch übertrieben verständnisvoll: »Sehr geehrte Verkehrsteilnehmerin, sehr geehrter Verkehrsteilnehmer, im Rahmen der Verkehrsüberwachung wurde festgestellt, daß Sie leider eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen haben. Vielleicht haben Sie eine Verkehrsvorschrift nur übersehen oder vergessen.« Vielleicht, liebes Amt – wer weiß! Doch es kommt noch schlimmer: »Wir würden uns jedenfalls , wenn wir Ihnen zukünftig keine Verwarnung mehr erteilen müßten.«

Verdammt, Straßenverkehrsamt! Das ist nicht mehr der strafende Staat, wie wir ihn kennen, der unbarmherzige Repressionsapparat der Disziplinargesellschaft! Das ist eher eine Einladung in die Hölle der protestantischen Gewissenserforschung bzw. Eigenverantwortung! Mit anderen Worten: Wir uns! Denn obwohl es jetzt kein Bußgeld mehr ist, das uns abverlangt wird, sondern nur noch ein »Verwarnbetrag« – das Resultat ist mit 15 Euro das gleiche.

Ist also vor Dir gewarnt:

Titanic

Philipp Mißfelder!

Daß wir Sie, den Kohl-Klon und ewig nach Aufmerksamkeit hechelnden Lausbuben der Jungen Union, einmal in Schutz nehmen müßten, hätten wir nicht einmal in unseren finstersten Alpträumen erwartet. Doch da faßte der schon wirklich grundkorrupte Spiegel den Vorsatz, Sie mal so richtig in die Pfanne zu hauen – mit einem sechsseitigen Porträt, welches die Autoren so resümierten: »Mißfelder genierte sich nicht, die Maxime seines Daseins zu offenbaren: das unentwegte Buhlen um die Gunst der Kanzlerin. Er beschrieb sein Glücksgefühl, wenn sie ihm Aufmerksamkeit geschenkt hatte, und die Traurigkeit, wenn sie ihn unbeachtet ließ. Der Wirkung seiner Worte war sich Mißfelder stets bewußt. Häufig sprach er über seine Befürchtung, das Porträt über ihn werde nicht günstig ausfallen« – was es dann, höhö, überraschenderweise auch nicht tat. Angesichts des Umstands aber, daß Ihnen das beliebte Nachrichtenmagazin unter dem Vorwand der Verarsche (»er bestellt ein Schokotörtchen mit Erdbeeren«, »er ist wieder füllig geworden, da ist wieder Helmut Kohl in seinem Gesicht«) letztlich doch eine Medienpräsenz schenkt, wie sie sonst nur ein Obama kriegt, und sei’s nur die eines »Opfers«, das sich den Grundsatz »any news is good news« hinter die feuchten Ohren geschrieben hat – da gruselten wir uns ausnahmsweise vor dem Spiegel noch ein bißchen mehr als vor, Mißfelder, Ihnen.
Verstehen Sie das bitte nicht als Kompliment.

Titanic

»Bild am Sonntag«!

»Was hat Kaufhof richtig und was hat Karstadt falsch gemacht?« Da weiß man gleich, Deine Wirtschaftsredaktion hat die Geschäftsmodelle und Strategien der beiden Konzerne einer ausführlichen Analyse unterzogen: »Kaufhof steigerte seine Gewinne von Jahr zu Jahr, Karstadt machte immer größere Verluste« – und daran wird Karstadt dann wohl gescheitert sein; eine fürwahr nicht völlig von der Hand zu weisende Hypothese.
Insofern hat auch Deine Wirtschaftsredaktion alles richtig gemacht!
Mit gesteigerter Begeisterung:

Titanic

Du, David Issmer,

bist Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Berlin und als solcher offenbar vertraglich zu Anfällen liberaler Paranoia verpflichtet: »Es ist einfach unglaublich, daß Angela Merkel nun dieselben Mittel anwendet wie Hugo Chávez und Fidel Castro. Wir JuLis haben die Bundeskanzlerin daher in Berlin zwischen den Statuen von Karl Marx und Friedrich Engels aufgestellt. Dort paßt sie gut hin.« Während Du, David Issmer, zu den Jungen Liberalen paßt wie Doof zu Dick.
Und jetzt Händewaschen, Essen ist fertig!

Titanic

Hey, Sueddeutsche.de,

Du bist uns schon eine rechte Mausefalle! Da klickten wir uns neulich in einen umfangreichen »Wahnsinnsratgeber« auf Deinen Kulturseiten, dessen Vorspann kundtat: »Wir sind für Sie ja viel im Web unterwegs und sammeln immer nur das Beste ein. In diesen Tagen gehört das Vademecum, das erklärt, ›Wie man seine Mitmenschen verrückt macht‹, zu den begehrtesten Dokumenten im Netz.« Dann stellten wir fest: Das ursprüngliche Webdokument »How to tick people off« mit seinen 32 Einzeilern stammt laut Datumseintrag vom 13. April 1999, ist also über zehn Jahre alt. Und Du hast es tatsächlich »in diesen Tagen« gefunden, auszugsweise übersetzt, lieblos mit Quatschfotos garniert und zu einer 23teiligen Klickstrecke aufgebläht!
Wie, Sueddeutsche.de, Du also einerseits von der seriösen Aura Deines Mutterblatts zehrst und andererseits auf die billigste Weise Klicks abgreifst, das ist wirklich Wahnsinn, völlig irre, zum Verrücktwerden!
Danke dafür:

Titanic

Hans-Ulrich Jörges!

Als schon recht heiser gekrähter Zwischenrufer des Stern nahmen Sie die Affäre Kurras dankbar zum Anlaß, noch einmal die Geschichte der 68er auf zwei wehrlosen Seiten auszubreiten – mit besonderer Rücksicht darauf, daß Rudi Dutschke 1967 »zum ersten Mal dem bewaffneten Kampf das Wort« geredet habe, notabene »in seiner typischen, verquasten Sprache«. Nun wollen wiederum wir uns die schöne Gelegenheit nicht nehmen lassen, einige typisch verquaste Jörgesiana aus dem Dunkel der Geschichte zu heben: So sei erinnert an zärtlich geflochtene Satzzöpfe wie »die Grünen vertrocknen lieber in oppositioneller Unberührtheit, als Schwarzen und Gelben zuzuzwinkern«, Metaphernkonfekt wie »die Wahlkampf-Konditoren backen in abgedunkelter Stube« oder den noch immer aktuellen Sozio-Befund: »Dennoch gibt es auch heute Bruchstellen der Gesellschaft, die interessante Figuren prägen« – vom Klassiker »Inzwischen ist die Union auf die SPD zugestürzt. So tief, daß der Gedanke an die Sollbruchstelle erstarrt ist« nicht zu schweigen! Aber mal was anderes: Haben Sie, Jörges, eigentlich mal überlegt, Studentenführer zu werden? Bewaffnet und bis zum Hals verquast? Die bräuchten gerade dringend einen!
Wir schalten zurück ins Glashaus:

Titanic

Mike Krüger!

Die Idee war nicht mega-originell, aber es war ja auch bloß »Verstehen Sie Spaß?«: Während Sie in einem Taxi durch München fuhren, entdeckten Sie sich auf Litfaßsäulen und Plakatwänden als Werbefigur für ein Erotik-Etablissement – klar, daß Sie, ja auch sonst jeder Schlüpfrigkeit abhold, sofort Ihr Handy zückten und von Ihrer Frau verlangten, sofort Ihren Anwalt zu kontaktieren: »Du mußt sofort den Prinz anrufen … das muß der Prinz machen … der Prinz wird die ordentlich bluten lassen!«
Wird er; bzw. würde nicht. Denn nicht nur war der ganze Quatsch ja ausgedacht, sondern betreut der berühmte Hamburger Medienanwalt ausschließlich – Prominente!
Hätten Sie’s gedacht?

Titanic

Kurt Kister!

In der Süddeutschen Zeitung haben Sie den »Gründungsmythos der 68er« entzaubert: »Der Schah war böse, die Berliner Polizei bewußt gewalttätig und der Staatsapparat, je nach historischem Standpunkt, entweder post- oder präfaschistisch. Auch 2009 wird zur Erklärung des 2. Juni 1967 noch gerne diese argumentative Einbahnstraße befahren.« Und dabei wäre es doch viel gescheiter, endlich die Wahrheit zu bekennen: Der Schah war lieb, die Berliner Polizei bewußt friedlich und allenfalls unbewußt gewalttätig und der Staatsapparat weder post- noch präfaschistisch, sondern von den kleinsten kommunalen Behörden über alle Rathäuser, Offizierskasinos, Richterstühle, Verwaltungsgremien und Ministerien bis hinauf zum Bundespräsidialamt vollkommen frei von irgendwelchen alten Nazis.
Es ist höchst interessant, zu welchen Einsichten man gelangen kann, sobald man in einer argumentativen Einbahnstraße den Rückwärtsgang einlegt.
Herzlichen Dank dafür!

Titanic

Schlimm, deutsche Zeitungsverleger,

daß Euch das böseböse Internet  Eure Top-Qualitätszeitungen kaputtmacht: »Zahlreiche Anbieter verwenden die Arbeit von Autoren, Verlagen und Sendern, ohne dafür zu bezahlen.« Weswegen Ihr in einem gemeinsamen Appell von Springer, Spiegel, Bauer, Gruner + Jahr und anderen Bastionen der journalistischen Seriosität fordert, daß die »ungenehmigte Nutzung fremden geistigen Eigentums verboten bleiben« müsse. Schön und gut, Verleger. Nur – wo bekommen Eure Angestellten denn dann demnächst ihre »Hintergrundinformationen« her, wenn sie nicht einfach bei Wikipedia abpinnen dürfen? Und woher nehmen sie nach dem nächsten Flugzeugabsturz/Amoklauf die Bilder der Opfer, wenn sie nicht mehr nach Belieben StudiVZ, Facebook oder die Homepages von Sport- und Freizeitvereinen plündern dürfen? Wie? Das dürfen die schon jetzt nicht? Und Ihr schert Euch aber einen Dreck drum? Weil’s ja eben um »die Erstellung von Qualitätsinhalten und von unabhängigem Journalismus« geht? Und nicht etwa ums liebe Geld?
I wo; Ihr wollt ja nicht mal Subventionen: »Gerade weil wir keine Subventionen wollen, benötigen wir Unterstützung beim Schutz des geistigen Eigentums.« Die könnt Ihr gerne haben: Behaltet Euer geistiges Eigentum mal schön für Euch!
Nimmt’s nicht mal geschenkt:

Titanic

Sie nun wieder, Angela Merkel,

haben sich scheint’s dafür »ausgesprochen, die Pension Kurras’ zu kürzen«. Dies wäre »nur recht und billig« – wenn wir, Merkel, das übersetzen dürfen: Für den Polizeimord an einem Studenten gibt es Freispruch und Vollpension, für einen angebl. Stasi-Mord an einem Studenten gibt es öffentliche Häme und Rentenkürzung; wie ja auch Kurras’ Schießverein  jahrzehntelang nichts gegen dessen Ballerei mit Todesfolge hatte; gegen seine SED-Mitgliedschaft aber jetzt schon.
Ein schönes Land, das Sie da regieren; finden Sie nicht?

Titanic

Uwe Meusel!

Sie haben Ihr bei Neonazis sehr beliebtes Bekleidungsunternehmen Thor Steinar an Araber verkauft, weswegen in einschlägigen Kreisen bereits zum Boykott aufgerufen wird – besser hätten wir uns das nicht ausdenken können, nein: Auf diese Idee wären wir überhaupt nicht gekommen! Könnten, Meusel, Sie und Ihre Gesinnungskameraden jetzt bitte auch den letzten finalen Schritt tun und sich selbst in die Wüste schicken? Glauben Sie uns, Sie würden dort ein Paradies vorfinden: Antisemitismus als Staatsdoktrin, alle Männer laufen in den gleichen Klamotten rum, und die Weiber haben genausowenig zu melden wie die Gastarbeiter. Der einzige Nachteil: Es ist alles voller Ausländer da unten. Aber so ganz ohne Feindbild würd’s ja auch schnell langweilig, gell?
Gute Reise:

Titanic

Weltgeist!

»›Es war weder Selbstmord noch Mord, David Carradine starb, nachdem er sich selbst befriedigt hatte‹, sagte Porntip, die für das Justizministerium arbeitet« –
excellent!
Love:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt