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"Wozu brauchen wir noch die Mittagspause?" – Ein Gastbeitrag von Sigmar Gabriel zur Zukunft der Arbeit

Deutschland muss wegen spinnerten Ideen wie der Vier-Tage-Woche und überholten Konzepten wie der Mittagspause um seine Zukunft bangen. Doch kein Problem  Experten wie Sigmar Gabriel wissen ganz genau, wie der Wohlstand des Landes gesichert werden kann. In diesem Gastbeitrag stellt Gabriel seine besten Einfälle vor.

Liebe Leserinnen und Malocher!

Seit Wochen laufen Diskussionen darüber, wie Deutschlands Wohlstand gesichert und der demografische Wandel bewältigt werden kann. Erste vernünftige und innovative Ideen zur Zukunft der Arbeit liegen erfreulicherweise bereits auf dem Tisch:

1. länger arbeiten
2. mehr arbeiten
3.-6. noch mehr arbeiten
7. ganz doll mehr arbeiten
8. Rente mit 70 bis 100
9. rund um die Uhr mehr arbeiten
10. nicht mehr SPD wählen

Das ist schon mal eine gute Grundlage für die weitere Debatte. Ich bin der Meinung, dass es keine Tabus geben sollte und wir alles offen ansprechen müssen. Andernfalls ist unser Wohlstand in Gefahr. Also nicht unbedingt Ihrer, Sie haben hoffentlich ohnehin keinen (sonst kämen Sie noch auf dumme Gedanken), aber womöglich mein Wohlstand und der meines lieben Parteifreundes Christian Lindner.

Ich weiß, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die drei, vier oder fünf Jobs haben. Das ist sehr vorbildlich, doch ich sage auch: Da geht noch mehr! Jetzt werden natürlich wieder einige Kritiker entgegnen: Der Gabriel hat gut reden, der hatte doch nie mehrere Jobs gleichzeitig. Doch! Hatte ich! Ich war vor ein paar Jahren SPD-Chef, Vizekanzler, Wirtschaftsminister, Bundestagsabgeordneter, Fettnäpfchenbeauftragter, Besserwisser, Nervensäge und Superrindvieh. Siebeneinhalb Jobs auf einmal – und ich habe alle hervorragend gemeistert (Anmerkung: SPD-Chef gilt nur halb, weil man da nicht vernünftig verdient).

In den vergangenen Jahrzehnten gab es mehrere "Errungenschaften" in unserer Arbeitswelt, die wir im Sinne der Zukunftsfähigkeit Deutschlands jetzt ruhig auch mal hinterfragen können. Etwa die Mittagspause. Muss die denn wirklich sein? Wozu ist sie noch gut? Um zu essen? Nicht doch, in allen Lebensmitteln ist doch heutzutage irgendetwas Giftiges oder Laktoseintolerantes drin. Oder zum Spazieren? Nein, bloß nicht, da werden Sie doch nur von E-Bikes und SUV-Rollatoren überfahren! Oder um sich die neuesten Twitter-Posts und Instagram-Tweets durchzulesen? Aber ich bitte Sie, da bekommen Sie doch eh bloß saublöde Inhalte von durchgeknallten Typen serviert, die sich wichtigmachen, indem sie sich zum Beispiel vor Turbinen stellen. Einfach widerlich! Sie sehen also: Mittagspausen sind unnütz und gefährlich. Schluss damit! Sie sollten endlich geahndet werden, genauso wie andere Ordnungswidrigkeiten.

Auch bei der Bürokratie müssen wir besser werden. Braucht es beispielsweise noch diese hochkomplexen deutschen Urlaubsanträge? Ja, braucht es überhaupt noch Urlaub? Klar, werden Sie jetzt sagen, Urlaub ist notwendig, um sich zu erholen. Aber ich frage Sie: Erholen? Sie wollen sich E-R-H-O-L-E-N? UND DABEI RISKIEREN, DASS UNS UNTERENTWICKELTE LÄNDER WIE ÖSTERREICH ODER LEGOLAND ÜBERHOLEN? JA, GEHT'S NOCH? – Entschuldigung, sorry, Leute ... Aber bei diesem Thema werde ich immer emotional. Sie müssen verstehen: Ich finde es abscheulich, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Chefs in den Rücken fallen mit solchen Dingen wie Mittagspause, Urlaub, Altersteilzeit, Feierabend und Lachen am Arbeitsplatz. Oder wenn sie einfach mal ohne Erlaubnis aufs Klo gehen. Solche Nachlässigkeiten dürfen wir uns im Wettbewerb mit anderen Nationen nicht mehr erlauben.

Und lassen Sie mich noch Folgendes kritisch anmerken: Es gibt leider seit einiger Zeit irgendwelche Firlefanz-Ideen in unserer Gesellschaft. Zum Beispiel habe ich gelesen, dass jüngere Menschen nicht mehr so lange arbeiten wollen. Okidoki, in Ordnung – meinetwegen können die Kids gerne schon um 15.30 Uhr Feierabend machen. Wenn sie dafür um 2 Uhr nachts anfangen, habe ich überhaupt nichts dagegen.

Dann gibt es welche, die fordern eine Vier-Tage-Woche. Früher wäre ich bei solch einer "Idee" explodiert und hätte verlangt, dass diese Faulenzer doch auswandern sollen in ein Land, in dem es als schick gilt, arbeitsscheu zu sein. Nach Nordrhein-Westfalen oder Bremen zum Beispiel. Aber meine Haltung hat sich geändert. Ich habe heute mehr Verständnis für eine derartige Unverschä ... ich meine: Einstellung. Ich verspreche: Ich werde mich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass auch diese "Menschen" in Deutschland eine Zukunft haben und für ihre Vier-Tage-Woche den vollen Hartz-IV-Satz bekommen.

So, und jetzt hören Sie endlich auf zu lesen und gehen gefälligst was arbeiten!

Eine freundliche Empfehlung von

Ihrem Sigmar(beit) Gabriel

 

Lissek

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Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt