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Schwarzes Nullgesicht gegen roten Hipster-Zwerg

Eine knappe Woche vor der Landtagswahl im mit Autos und Deppen vollgestopftesten Bundesland ist deren Ausgang so offen wie ein Fass ohne Boden (siehe auch Landeshaushalt). Wird sich Landesvater Hendrik Wüst, Nebenjob-Politiker mit Milchbubibonus (MBB), im Amt halten können, oder wird Nordrhein-Wüstfalen im Handstreich durch Putins Knappen von der SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty zurückerobert? So weit, so wumpe, wäre diese Wahl kein sogenannter Testballon für den Bund ...

Das Jahr ist fast halb leer - wie ein schales Glas Altbier in der Düsseldorfer Altstadt - da findet endlich die erste Wahl in einem "richtigen" Bundesland statt. 13 Millionen Menschen an Rhein und Ruhr sind aufgerufen, am "Sonntag, den 15.05.!" über die Zusammensetzung des neuen Landtags von Ostholland (behördeninterner Sprachgebrauch) abzustimmen. Der ehrgeizige Ex-Verkehrsminister Hendrik Josef Wüst (Spitzname: Hendrik Düst) geht als Titelverteidiger mit Laschet-Loser-Bonus in die sogenannte "Kleine Bundestagswahl". Für den CDU-Mann geht es also um alles (ein volles Monatsgehalt). Sollte er nach weniger als einem Jahr tatsächlich aus dem Amt fliegen ("Der Airport ist ja nicht weit!", scherzte er kürzlich in einem Interview) käme er nicht mal ins Guiness-Buch der Rekorde als Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit ever. Nach eigenen Angaben musste er sich seit Regierungsübernahme noch nicht einmal rasieren und sieht immer aus wie aus dem Münsterländer Ei gepellt.

So kurz vor dem Urnengang liegt die CDU in etwa gleichauf mit der SPD seines Herausforderers Thomas "The Dwarf" Kutschaty. Der hofft jedoch auf eine gute Hochrechnung für seine Partei am Wahlabend und setzt auf den guten alten Filz der Genossen im Westen. Der 53jährige hat sich gerade sogar eine neue Herzkammer einbauen lassen. "Sie kennen uns!", lächelt er mit seiner Hipstervisage gewinnend in die Kameras. Was ihn vom 46jährigen Amtsinhaber unterscheide, wird er während eines Wahlkampfauftritts in Ost-Westfalen, dem Sibirien des Landes, gefragt. "Ich habe Haare auf den Zäh ... pardon!, im Gesicht, und trage ein dickes rundes Brillengestell auf der Nase, mehr politische Abgrenzung geht gar nicht!" Dann lobt er noch die hart arbeitenden Menschen der Region. Fraglich, ob diese knallharte Abgrenzungsstrategie am Ende gegenüber dem drögen Wüst aufgehen wird. 

Der Ministerpräsident, der während der Pressekonferenz mit Olaf Scholz schon mal von den Journalisten als Praktikant in der Berliner Regierungszentrale ausgemacht worden ist, versucht sich dagegen durch markige Sprüche, etwa über eine Aufstockung der Düsseldorfer Senfgasgranatenbestände oder die Sprengung der maroden Leverkusener Brücke (um die Russen fernzuhalten) zu positionieren. Die Kampagne "Rent a Wüst. Nur noch wenige Tage!" hat er dagegen abgeblasen, erschien sie ihm im Nachhinein doch eher kontraproduktiv. Doch wie konservativ ist er wirklich? Wüst hat in seiner ländlichen Heimat erst eine Klinkerbutze gezeugt (mit Wüstenrot) und erst danach seine Frau in einer Düsseldorfer Kneipe aus Bierdeckeln gebaut. Konservative Werte hin- oder hergeschossen - dass er leidenschaftlicher Jäger ist, lässt er schon lange nicht mehr raushängen wie ein ausblutendes Wildschwein vor dem heimischen Grillfest. 

Herausforderer Kutschaty ist ebenfalls verheiratet (mit NRW), hat drei Landeskinder (Kurt, Charlotte und Tyna) und saß lange im Stadtrat von Essen rum, weil es da immer lecker zu Essen gab (Kohlrouladen). Er ist Schirmherr der Schuldnerberatung "Ewigkeitskosten", Ehrenmitglied bei den "Brieftaubenzüchtern zur Verhütung des Atomkriegs" und sitzt in der Jury zur Kür der besten Currywurst des Ruhrgebiets (weil es da immer was zu Essen gibt). Darüber hinaus war er sieben Jahre lang Justizminister unter Hannelore Kraft. "Natürlich habe ich es damit im Wahlkampf nicht ganz leicht, denn wer will schon etwas mit der Justiz zu tun haben ... Also, ich nicht!", lacht er mit lautem sozialdemokratischem Herzkammerton. Auf die Stimmen der Knastbrüder Johannes muss er eh verzichten, weshalb das Rennen wohl eng zu bleiben droht wie eine Zelle in der JVA Siegburg. Beide Kandidaten können sich übrigens eine Koalition mit den NRW-Grünen von Luisa Neubaur vorstellen, die wiederum total stolz darauf ist, dass die Chemie zwischen ihr und der gleichnamigen Industrie endlich stimmt. Und Joachim Stamp von den Liberalen? Der setzt auf seine Stamp-Wähler. Man darf also gespannt sein.

 

Burkhard Niehues

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg