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Frank-Martin Steinscholz

Trotz historisch schlechter Umfragewerte will die SPD wie gewohnt einen Kanzlerkandidaten (bloß-)stellen. Doch könnte das Undenkbare passieren, nämlich dass Olaf Scholz aufgrund der aktuellen CDU-Krise versehentlich ins Kanzleramt stolpert? Wie er das verhindern kann, verraten ihm drei, die es wissen müssen, im TITANIC-Interview.

Willy-Brandt-Haus. Auf der Bühne sitzen drei Ikonen der Sozialdemokratie, Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und Martin Schulz, legendäre Wahlverlierer und Merkel-Opfer. Im Hintergrund ist eine graue Figur mit derber Oberfläche und ausgestrecktem Arm zu erkennen. Es ist Altkanzler Gerhard Schröder, der im SPD-Hauptgebäude Meisenknödel aufhängt.

TITANIC: Herr Steinbrück, Sie wirken bedrückt. Wie schätzen Sie derzeit die Chancen der SPD auf eine Wahlschlappe ein?

Steinbrück (norddeutsch-näselnd): Moin erstmal! Nun ja, dass die CDU sich derart selbst demontiert, setzt uns gehörig unter Druck. Es könnte richtig eng werden für den Olaf.

TITANIC: Herr Schulz, auch sie sehen besorgt aus. Ein bisschen weinerlich gar.

Schulz: Das ist mein normaler Gesichtsausdruck. Aber ja: ich schließe mich Herrn Steinbrück an. Scholz wird noch ein paar Asse aus dem Ärmel ziehen müssen, um am Ende nicht als Wahlsieger dazustehen.

TITANIC: Was meinen Sie damit?

Steinbrück: Schauen Sie: Zu Beginn meines Wahlkampfs 2013 wurde mir Scharfsinn, Kompetenz und Wortgewandtheit nachgesagt. Ich musste etwas unternehmen! Da kam mir die Idee mit dem Mittelfinger.

Schulz: Nicht zu vergessen, Ihr Kommentar, Sie würden keine Flasche Wein unter fünf Euro kaufen.

Steinbrück (lacht): Ja, stimmt! Wer hätte gedacht, dass das funktioniert! Meine Berater meinten, ich müsse wenigstens zehn Euro sagen, um von den Wählern als abgehoben gescholten zu werden.

TITANIC: Herr Schulz, auch bei Ihnen schien zunächst nichts nach Plan zu laufen. Die anfängliche Euphorie gegenüber Ihrer Person gipfelte im Begriff des "Schulz-Zug".

Schulz: Schrecklich! Auch ich musste dringend handeln und kreativ werden. Da kam meinem Team die Idee, mich statt als erfolgreicher und weltgewandter Europapolitiker, der ich war, als ehemaligen Bürgermeister von Würselen zu inszenieren, der dümmlich-volksnah auf Dorffesten Bratwurst isst.

Steinbrück (triumphierend): Schachmatt!

TITANIC: Danach wurde es recht still um Sie. Nur Sie, Herr Steinmeier, haben sich einen gewissen politischen Einfluss bewahrt.

Steinmeier: Hallo?! Ich bin heute Bundespräsident, mehr politisches Abstellgleis geht ja wohl kaum!

Steinbrück und Schulz nicken ehrfürchtig.

TITANIC: Mal ganz konkret: Was muss Scholz jetzt tun, um die Wahl nach allen Regeln der SPD-Kunst zu versemmeln?

Schulz: Ja, spreche ich denn schinesich?! Er muss sich, wie schon gesagt, was einfallen lassen. So eine Bundestagswahl setzt sich nicht von allein in den Sand!

Steinmeier: Das mit Wirecard war doch ein guter Anfang.

Steinbrück: Stimmt. Noch ein, zwei solcher Momente und die Merkel gewinnt sicher.

TITANIC: Äh, aber Merkel tritt doch gar nicht an.

Entgeistertes Schweigen.

Steinbrück: Ach du dickes Ei!

Steinmeier: Dann wird es richtig schwierig.

Schulz: Er wird zu radikaleren Mitteln greifen müssen, um seinen unbedingten Niederlagewillen unter Beweis zu stellen. Ich schlage eine Namensänderung vor.  

Steinmeier: Großartige Idee! "Scholz" ist an sich ganz gut. Besser wäre...

Steinbrück: "Steinscholz"!

Steinmeier: Ja!

Schulz (mit den Händen einen Schriftzug andeutend): "Frank-Martin Steinscholz"

Steinmeier (präsidial, die Gesprächsrunde schließend): So soll es sein!

TITANIC: Danke für das Gespräch und viel Glück im September!

Leo Riegel

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg