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Why so Möbius?

Über diesen Film spricht die ganze Welt. Jetzt startet er auch in Deutschland. Wie gefährlich ist er? TITANIC Cinema über "M.C. Escher – Reise in die Unendlichkeit"

Der Diskurs ist längst politisch geworden, dabei geht es doch nur um die Geschichte eines missverstandenen Exzentrikers. Oder? "Ich wollte einfach darstellen, wie aus einem Außenseiter ein Außenseiter wird", erklärt Regisseur Robin Lutz, der in seiner Dokumentation darstellt, wie aus dem niederländischen Grafiker Maurits Cornelis Escher der Künstler M.C. Escher werden konnte. "Der kanonisierte Schurkenname The Escher kommt in meinem Film überhaupt nicht vor", so Lutz, "das Werk existiert eigenständig und parallel zu den Storylines des MC Universe."

Der Film ist so umstritten wie die darin vorgestellten Zeichnungen. Ein Beispiel: die "Drawing Hands" von 1948. Wir sehen zwei gezeichnete Hände, die aus einem Blatt Papier ragen und – sich selbst zeichnen. Ein Meisterwerk nennen es die einen, üblen Schund die anderen. "What kind of insanity is this?" fragte der "Guardian" kürzlich. Doch ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode, monieren andere, die sich von liberaleren Kreisen als "verblendete, unreflektierte Fanboys" schelten lassen müssen.

M.C. Escher als Psychopathen abzutun, wäre allzu simpel. Er selbst sah sich als Mathematiker, wollte in Wissenschafts-Sendungen auftreten, Vorlesungen halten, Manifeste verbreiten. Dass er dafür Applaus von der falschen Seite bekam, oder korrekter: falschen Applaus von der intendierten Seite, ist ihm kaum anzukreiden. "Ich danke der Quelle Ihres Wahnsinns", soll ihm etwa ein Mathematiklehrer in einem Brief bekundet haben. Genau dieser sich hochschaukelnde Personenkult macht manchen Angst. "Der späte Escher war ein sogenannter Incel, ein intellectual celebrity, also ein Prominenter, der mit seiner beeindruckenden Geisteskraft zahlreiche Anhänger mobilisieren konnte", schreibt Liddia Singh vom Onlinemagazin "Die Marie Susie". "Bedenklich wird es an der Stelle, wo Trittbrettmaler sich an der Kunstakademie einschreiben. Hier wird ein Lebensstil glorifiziert, der aus einträglichen Vernissagen, interessanten Kontakten und langem Ausschlafen besteht. Hm, eigentlich ganz nice."

"Hat den Escher nicht letztlich die Gesellschaft zu dem gemacht, was er war?" fragt ein Kommentator auf IMDB und paraphrasiert ein anderes kontroverses Genie: "Wenn du lang genug in den Abgrund starrst, kommt aus dem Abgrund irgendwann eine Treppe geflogen und führt dich nach unten und gleichzeitig nach oben, hä????" Ungeachtet aller Kreativität sind etliche Szenen in Lutz' Biopic mehr als verstörend. Aus den USA gibt es erste Meldungen über Zuschauer/-innen, die entrüstet bis schockiert den Kinosaal verlassen haben sollen, einigen sei schlecht geworden angesichts der gezeigten Bilder, etwa eines Wasserfalls, der über ein scheinbares Kanalsystem nach unten strömt, aber sich gleichzeitig auf einer einzigen Ebene im Kreis dreht; man muss es wohl selbst gesehen haben, um es verstehen zu können. Dass "Reise in die Unendlichkeit" bei uns eine Altersfreigabe ab 0 Jahren erhalten hat, stößt bei Elternverbänden auf Unverständnis – sie fordern eine Freigabe ab unendlich.

Kritik kommt jetzt auch noch von Seiten der Elite. Zeichner-Legende Matrattel Scorcese sprach dem Escher-Film ab, überhaupt ein Film zu sein: "Das ist nach meinem Verständnis kein Cinema, das ist mehr wie ein Vergnügungspark. Ein Freizeitpark mit Achterbahnen, die durch FÜNF INEINANDER GEFALTETEN DIMENSIONEN durch sich selbst fahren." Allen Unkenrufen zum Trotz ist eines unbestreitbar: Escher ist der beste Escher seit der einnehmenden Performance von Conrad Veith 1928. Beängstigend gut!

Torsten Gaitzsch

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick