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Die Weisheit schlauer Menschen

Ob "Die Weisheit der Wölfe", "Das Wissen der Pferde" oder "Nestwärme. Was wir von Vögeln lernen können" - Aberdutzende Ratgeber wollen uns in diesem Büchersommer weismachen, dass das Leben von Tieren reicher, schöner und entspannter ist. Alles miese Verkaufstricks der Verlage! Denn in Wahrheit sollte das Fußvolk der Schöpfung mal lieber Richtung Homo sapiens schauen und sich einige Erfolgsgeheimnisse abgucken in Sachen Leben, Liebe und seligmachende Politik. 

Geburtenkontrolle

Fauna-Problem Nr. 1: Vor allem Wirbeltiere kriegen es einfach nicht hin, rammeln unbedarft drauflos. Jahr für Jahr gibt es riesige Würfe, hilflose Tierbabys stapeln sich übereinander, der Vater ist bald über alle Berge und die Mutter überfordert. Traurige Folgen: Vernachlässigung, Überbevölkerung, ertränkte Kätzchen im Sack. Das muss nicht sein. Orientierung an der Menschenwelt hilft: Anti-Baby-Pillen für Karnickelfamilien, Tierkondome in Sondergrößen (Spitzmaus, Blauwal) oder Spiralen für Ringelnattern für die perfekte Vater-Mutter-Kind-Familie. Da wird auch der Urlaub billiger.

Körperpflege

Dreck im Gesicht, Mundgeruch, ungebleachte Zähne und Kackekrümel in den Zottelhaaren: Viele Menschen schlendern dergestalt durch die Straßen, noch häufiger aber Getier. Zahlreiche niedere Kreaturen leben körperhygienisch im Mittelalter. Für viele domestizierte Wildkatzen reicht es nur bis zur Katzenwäsche. Ein achtsamer Blick gen Homo sapiens schafft Abhilfe: Deos, Intim-Sprays oder Elektrorasierer für Bartagamen sind ein Muss. Auch Fitness ist heutzutage wichtig: Kieser-Training für Wirbellose, Zumba-Kurse für Kriechtiere und Zellkuren für Einzeller bringen die Tierwelt auf Trab.

Verkehrsregeln

Beim Straße überqueren nach links, rechts und noch mal nach links gucken, das weiß jedes Menschenkind dank schnapsnasiger Verkehrspolizisten-Onkels. Ungebildete Tierkinder wissen das jedoch nicht. Wildwechsel und Krötenwanderungen geraten jährlich zu Blutbädern. Der Ausweg: Solide Kenntnisse der StVO sowie Helmpflicht für Wildtiere. In Planung: Für jedes Tierkind eine Gratis-CD von Rolf Zukowskis "Schulweg-Hitparade" mit starken Lyrics wie "Zwischen den Autos am Rand der Straße / geh ich ganz langsam vor mit der Nase". Nicht nur was für Ohrwürmer! 

Kulturverständnis

Traurig: Wo zweibeinige Erdenbürger staunend stehenbleiben und sich kontemplativ in jahrhundertealte Kunstschätze versenken, ja durch bloßes Anschauen "Seligkeit erringen" (Dante), scheißen achtlose Federtiere einfach darauf. So wie hier eine bildungsferne Neuköllner (!) Taube auf eine Installation des gefeierten Künstlers Ai Hua Wei in Berlin. Kein Wunder, dass der chinesische Künstlerstar demnächst Deutschland verlassen will.

Demokratieverständnis

Sie leben tumb vor sich hin wie unsereins im 19. Jahrhundert: Bienen und andere Ewiggestrige sind unverbesserliche Monarchisten. Von Demokratie haben die mutmaßlichen ReichsbürgerInnen noch nie etwas gehört. Super-unfair: Bienenköniginnen töten ihre Rivalinnen (vgl. Josef Stalin), haben permanent Sex (siehe Beweisbild) und legen bis zu 2000 Eier am Tag (Stichwort fehlende Geburtenkontrolle), während ihre Kolleginnen malochen, malochen, malochen. Mit diesem Gesellschaftsmodell gehen Biene Maja und Co. gerade baden, wie übrigens auch die Engländer.

Sexuelle Aktivität

Wenig überraschend, dass auch der asiatische "Bambusfresser" (scherzh.) so gut wie ausgestorben ist: 10 000 Wilderer sowie sexuelle Trägheit (auch als "Panda-Syndrom" bekannt) machen ihm den Garaus. Vor allem die Männchen hocken reglos da, stieren vor sich hin, lösen Sudokus und haben für die sexuellen Reize ihrer Artgenossinnen keinerlei Blick, ganz anders als der fickfreudige Homo sapiens. Im Beijing-Zoo in Peking wurden jetzt Maßnahmen ergriffen und den bedauernswerten Kreaturen Animierfilme in Endlosschleife vorgeführt, von "Die Satansweiber von Tittfield" bis "Beim Jodeln juckt die Lederhose". Dem ersten Männchen troff bereits der Speichel aus dem felligen Maul. Na bitte, geht doch!

Ella Carina Werner

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick