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Außer Rand und Erdtrabant

Auch 50 Jahre nach der Erstbesteigung des Mondes ohne künstlichen Sauerstoff ist der Erdtrabant ein Fixstern am Himmel machtpolitischer Begehrlichkeiten. TITANIC bringt die Pläne von Lunatics und All-Mächtigen wie China, Bayern oder Amazon ans blasse Mondeslicht. 

USA

Die Vereinigten Staaten waren ja bereits auf dem Mond – *zwinker*. Mit der Mission "Artemis" will die US-Raumfahrtbehörde 2024 zurück in ihre alte Hood. Trump verspricht dabei "dem traurigen Winzling Mond" zu neuer Größe zu verhelfen. Per Tweet-Dekret machte er für seinen Griff nach den Sternen die astronomische Summe von 1,6 Milliarden Dollar locker. Außerdem sei einer seiner besten Freunde ein "Rocket Man" und könne mit Fachwissen helfen. Offenbar plant die US-Regierung sich die Hoheitsrechte auf dem Mond durch Anbringen einer zweiten Fahne letztgültig zu sichern, um dann Zölle auf Ebbe und Flut einzuheben. Man ließe sich da nicht länger an der NASA herumführen, so Trump. Der hochbetagte Buzz Aldrin zeigt sich über die Rückkehr der USA erfreut: "Ich bin mir nämlich nicht mehr sicher, ob ich damals nicht irrtümlich den Kraterherd angelassen habe."

Bayern 

Die eigenwillige Struktur einer unwirtlichen Hügellandschaft, die noble Blässe toter Materie: Betrachtet man eine Weißwurstscheibe genauer, ist sie ein exaktes Ebenbild des Vollmondes. Davon ist zumindest Kosmospolit Markus Söder überzeugt, seit er sternhagelvoll am Oktoberfest 2018 eine Vision hatte: einen frei schwebenden Freistaat, neuen Lebensraum im Orbit, radikale Entlastung des Münchner Wohnungsmarktes – das alles verspricht eine bayrische Kolonialisierung des Mondes. Seither wird fieberhaft daran gearbeitet, dem blauen Planeten einen weißblauen Trabanten zur Seite zu stellen. Die Mission "Apaulaner 11" soll schon in zwei Jahren in einer mit Hefeweizenbier betriebenen Rakete den Mond erreichen. Parteikollege Horst Seehofer meinte außerdem, es sei an der Gezeit endlich diesen "Mann im Mond" auszuweisen, da es sich wahrscheinlich um einen illegalen Migranten handle. Außerdem sei die Sichelform des Mondes nicht mit einer christlichen Partei wie der CSU vereinbar. Durch einen speziellen Ernährungsplan (Haxn, Brezn, Bier) soll der Mond deshalb fortan daran gehindert werden, jemals wieder abzunehmen. 

Der Vollmond von München aus gesehen

China 

Mit der Raumsonde "Chang'e-4" landete China Anfang des Jahres auf der dunklen Seite des Mondes – das war bislang einzig einer Handvoll Nazis in V2-UFOs und der Rockgruppe "Pink Floyd" gelungen. Mit der Mission "All Schätze" macht man nun vor allem Jagd auf Rohstoffe wie Platin, Iridium oder Helium-3. Allerdings zeigten erste Testbohrungen, dass der Mond, wie von einigen Forschern lange schon vermutet, ausschließlich aus Gouda-Käse besteht. Davon will sich China nicht abhalten lassen und plant ab 2030 Tausende Landarbeiter auf den Mond zu schießen. Dort sollen sie in den Käsestollen schuften. Die Arbeitsbedingungen in den Gouda-Minen dürften katastrophal ausfallen: Giftige Stinke-Dämpfe, gefährliche schwarze Löcher, und viele Arbeiter sind eigentlich aufgrund ihrer Laktoseintoleranz arbeitsrechtlich gar nicht zum Käseabbau zugelassen. Dem Großen Vorsitzenden der roten Weltraumbehörde, Genosse Mond Zedong, ist das aber egal. So lauten zumindest die Gerüchte, die sich derzeit in Umlaufbahn befinden. 

Russland 

Moskau möchte im neu entfachten Wettrennen ins All Stärke beweisen. Deshalb will Präsident Putin mit nacktem Oberkörper und reiner Körperkraft vom Roten Platz aus direkt auf den Mond springen. Sollte das aufgrund unvorhersehbarer Schwierigkeiten (Gegenwind, starker Sternnebel, doch keine Lust) nicht gelingen, hat man einen Plan Б, nämlich die Rakete "Mondrjoschka", die mit einer ganz speziellen Bauweise beeindruckt: In einer riesigen Rakete steckt eine kleinere Rakete, in der eine noch kleinere Rakete steckt, in der eine noch kleinere Rakete steckt usw. Diese oktoberrevolutionäre Technologie hat Weltraum-Hündin Laika im Alleingang entwickelt. Nachdem sie 1957 in die Erdumlaufbahn geschossen wurde, kam sie mit einem IQ von 491 zurück (zum Vergleich: Lassie besaß einen IQ von 2). Finanziert wird die gesamte Mondmission vom Russischen Olympischen Komitee. Ziel ist es, aus kosmischen Materialien neue Dopingsubstanzen zur Förderung des Muskelaufbaus zu entwickeln, sogenannte "A-Steroiden". 

Ingenieurshündin Laika bei der Entwicklung ihrer Rakete

Amazon

Mondgesicht Jeff Bezos hat ein exorbitantes Problem: zu viel Geld. Um sicherzustellen, dass es nicht am Ende seinen Angestellten, der Steuer oder karitativen Einrichtungen in die gierigen, dreckigen Hände fällt, möchte er sich den Mond kaufen bzw. natürlich auf Amazon bestellen ("Achtung: Nur noch 1 auf Lager"). Der Erdtrabant soll dann zu einem gigantischen Amazon Warehouse umgebaut werden. Satelliten-Drohnen übernehmen den Transport auf die Erde und werfen die Produkte zielsicher aus einer Entfernung von 384 400 Kilometern direkt über der richtigen Adresse ab. Leider werden so gut wie alle Produkte beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen. Nur gut, dass man den meisten Plunder, den man sich bestellt hat, ohnehin nicht braucht. Die auf den Himmelskörper verbrachten Amazon-Mitarbeiter erhalten ihr Gehalt direkt in Form von Sauerstoffrationen. "So kommt man nur aus der Puste, wenn man nicht arbeitet", soll ein begeisterter Bezos seinem einzigen Freund anvertraut haben: Alexa.

Jürgen Miedl

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Nicht zu fassen, »Spiegel TV«!

Als uns der Youtube-Algorithmus Dein Enthüllungsvideo »Rechtsextreme in der Wikingerszene« vorschlug, wären wir fast rückwärts vom Bärenfell gefallen: In der Wikingerszene gibt es wirklich Rechte? Diese mit Runen tätowierten Outdoorenthusiast/i nnen, die sich am Wochenende einfach mal unter sich auf ihren Mittelaltermärkten treffen, um einer im Nationalsozialismus erdichteten Geschichtsfantasie zu frönen, und die ihre Hakenkreuzketten und -tattoos gar nicht nazimäßig meinen, sondern halt irgendwie so, wie die Nazis gesagt haben, dass Hakenkreuze vor dem Nationalsozialismus benutzt wurden, die sollen wirklich anschlussfähig für Rechte sein? Als Nächstes erzählst Du uns noch, dass Spielplätze von Kindern unterwandert werden, dass auf Wacken ein paar Metalfans gesichtet wurden oder dass in Flugzeugcockpits häufig Pilot/innen anzutreffen sind!

Nur wenn Du versuchst, uns einzureden, dass die Spiegel-Büros von Redakteur/innen unterwandert sind, glauben Dir kein Wort mehr:

Deine Blauzähne von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt