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Der Aufstieg der Prozentbegabten

Während in Politik und Medien noch immer über das Für und Wider einer Frauenquote diskutiert wird, hat sich eine Gruppe von Dilettantinnen organisiert (Schlachtruf: "Wir sind die 50 Prozent"), um Männer von Bürostühlen und Chefsesseln zu schubsen. 

Selbstzufrieden lässt sich Anna in den Fahrersitz ihres Audi A5 sacken und zieht genüsslich an ihrer Lucky Strike. Das Gespräch lief gut, findet sie. Wo noch mal? Ach ja, an der RWTH Aachen, am Institut für Elektrotechnik, hatte sie ja heute Morgen noch mal nachgeguckt. Anna mustert sich im Rückspiegel. Hups, den pflaumengroßen Marmeladenfleck auf ihrer Bluse hat bestimmt keiner gesehen. Und die verknickte Bewerbungsmappe wird man ihr wohl verzeihen ebenso wie die Tatsache, dass sie den Namen des Prodekans vergessen hatte. Zum Glück war direkt vor dem Gebäude noch ein Frauenparkplatz frei, sonst wäre aus den 45 Minuten Verspätung wohl eine ganze Stunde geworden. Aber auch das: geschenkt. Ihr Lebenslauf spricht für sich. Sieben Stellen als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den letzten drei Jahren, alle nur für ein paar Monate, für die Promotion gab es gerade noch ein "Ausreichend", die Diplomprüfung bestand sie mit Ach und Krach im zweiten Anlauf. Anna ist zuversichtlich: Die Professorenstelle hat sie in der Tasche. Hat ja bisher immer geklappt. Anna ist Quotenfrau.

Sie ist eine von 200 000 Stipendiatinnen der von der Bundesregierung geförderten Stiftung N.U.L.P.E. (Netzwerk unterqualifizierter leistungsverweigernder postenanstrebender Emanzen). Ihr Ziel: Quotenregelungen ausnutzen, um Männer aus gut dotierten Positionen zu verdrängen. Mit staatlichen Mitteln, häufig mit Erfolg und schwerwiegenden Konsequenzen. Das Bundesamt für Statistik spricht vom "Karriereknick", der sich bereits kurz der nach Einführung der Frauenquote in Aufsichtsräten aus der statistischen Auswertung männlicher Erwerbsbiographien eindeutig ablesen ließ. "Der Abbau gläserner Decken führt für viele Männer zu einem ruckartigen Fahrstuhleffekt nach unten", meint Soziologin Dr. Brigitte Vossmöller. "Diese Frauen wollen kein Stück vom Kuchen, sondern das ganze Tortendiagramm", weiß Quotenexperte und -mann Thomas Schulz, der in diesem Text ja schließlich auch zu Wort kommen muss.

Geschafft: Der Rechner wurde erfolgreich hochgefahren, Anna hat sich ihr Päuschen wohlverdient

Viele männliche Bewerber haben es bereits erlebt: Das Qualifikationsprofil ist passgenau, das Vorstellungsgespräch läuft perfekt, man hat den Job eigentlich schon so gut wie im "Sack" – und dann die überraschende Absage. In diesen Fällen steckt so gut wie immer eine Quotenfrau dahinter. Kein Wunder also, dass fast jeder von uns einen Mann in der Familie oder im Freundeskreis kennt, der schon Opfer einer solchen Ungerechtigkeit geworden ist.

Ihre Zahl wächst kontinuierlich, auch wenn nicht jede eine Quotenfrau werden kann. Ausgeprägte Talente, Fleiß und herausragende Leistungen stehen dem Berufswunsch häufig entgegen. Bei Anna war der Weg schon früh vorgezeichnet: Vor 35 Jahren kam sie im nordrhein-westfälischen Ratingen nach sechs Brüdern endlich zur Welt. Schon im Vorschulalter lehnte sie mädchenhafte Kleider ab, trug stattdessen ein Kostüm aus Bleistiftrock und Blazer. Weibliche Vorbilder hatte sie nicht, einzig Schlumpfine war eine Heldin ihrer frühen Kindheit. Mit neun wurde sie Mitglied im Verein der örtlichen Modelleisenbahner, mit 13 machte sie den Angelschein, in der Schule interessierte sie sich nur für Prozentrechnung. Nach dem Abitur folgte dann das Ingenieurstudium an der Uni Braunschweig.

Ihre Studienzeit nutzte Anna, wenn sie nicht gerade mit dem Quoten-Nazi von der Grünen Hochschulgruppe knutschte, um sich mit anderen "Prozentbegabten", "Quotenheldinnen" oder "Anteils-Elsen", wie sie sich selbstironisch nennen, zu vernetzen. Ihr Erkennungszeichen: ein rautenförmiger 50%-Aufnäher. Sie verabredeten sich zu konspirativen Sitzkreisen in den Hinterzimmern der Bibliothek, tranken Yogi-Tee mit Weinbrand, scherzten über ihren emsigen Analysis-Tutor Henning, das Leistungsprinzip und die FDP. Verbindungen fürs Leben entstanden.

Es sind Seilschaften wie diese, die es den "Quotenhippen" (Matussek) später ermöglichen, die Strippen zu ziehen. Immer häufiger sitzen Quotenfrauen an den Schaltknüppeln der Macht, obwohl sie oft nur einen Mofa-Führerschein besitzen. Wäre eine Führungsposition in der freien Wirtschaft auch für Anna interessant? Och nö, viel zu anstrengend. Sie bleibt lieber an der Uni. Ihr Smartphone klingelt. Es ist ihre Mentorin Silke, 32 Semester Maschinenbau, 50%-Rauten-Tattoo auf dem Oberarm, heute Aufsichtsrätin bei VW, der FIFA, Matratzen Concord und der Pfalzwein AG.

Sie möchte wissen, wie es gelaufen ist. "Easy", sagt Anna. "Der eine von denen, Dekan, glaub ich, war irgendwie angefressen. Keine Ahnung, warum, aber egal, was soller schon machen?" Sie lacht siegessicher, pult sich die letzten Müslireste aus dem Mundwinkel und zieht ihren Lippenstift nach. Alles ist nach Plan gelaufen. Zwei Wochen später bekommt sie die Zusage. Ein weiterer Etappensieg. Am Ziel ist Anna aber erst, wenn sie ihren Fachkollegen und ehemaligen Kommilitonen das letzte Lehrstuhlbein abgesägt hat.

Julia Mateus

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt