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Für tot gehalten! Galápagos-Riesenschildkröte im Interview

Mehr als 100 Jahre galt die Schildkrötenart Chelonoidis phantasticus als ausgestorben. Jetzt hat man auf der Galápagosinsel Fernandina ein ausgewachsenes weibliches Exemplar entdeckt. Als erstes Medium weltweit durfte TITANIC dem scheuen Tier Fragen stellen

 

TITANIC: Liebe Schildkröte, wo waren Sie bloß all die Jahre?

Schildkröte: Herrje, damit habe ich gerechnet, aber eine Antwort habe ich leider nicht. Ich wollte halt ein bisschen kürzer treten, und zack!, waren hundert Jahre rum. Für uns Schildkröten läuft die Zeit eben schneller ab.

TITANIC: Ihre Spezies kann bis zu 200 Jahre alt werden. Wie alt sind Sie?

Schildkröte: Das fragt man eine Dame aber nicht! Nur so viel: Dreistellig bin ich bereits. Und dafür, dass ich schon tot gewesen sein soll, sehe ich doch noch ganz passabel aus, was? (lacht)

TITANIC: Definitiv. Wobei böse Zungen behaupten, Sie hätten was an Ihrem Panzer machen lassen …

Schildkröte: Gerüchte! Bei mir ist alles echt.

TITANIC: Was treiben Sie so? Wovon leben Sie?

Schildkröte: Ich beteilige mich an vielen Projekten, die mir am Herzen liegen. Charity-Arbeit ist mir unheimlich wichtig. Dann habe ich noch meine Kosmetiklinie, auf die ich ganz stolz bin, und mit meinem guten Freund Niels Ruf habe ich ein Ding in der Mache, über das ich leider noch nicht sprechen darf. Nur so viel: Es wird provozieren und mich von einer völlig unbekannten Seite zeigen.

TITANIC: Puh. Unbekannt dürften Sie freilich den meisten von uns sein.

Schildkröte: Dabei habe ich doch regelmäßig Nachrichten auf Ello abgesetzt! Man muss sich halt interessieren, sag ich mal.

TITANIC: Jetzt also die volle PR-Kanone?

Schildkröte: (winkt ab) Übertreiben will ich es auch nicht. Ich schreibe gerade an meiner Autobiographie. Nächste Woche bin ich bei der NDR Talk Show und bei Jimmy Kimmel zu Gast, außerdem habe ich jetzt einen Instagram-Account.

TITANIC: Man munkelt auch, Sie wollen ein Duett mit Halsey aufnehmen. Kiefermäuler und Musik – passt das zusammen?

Schildkröte: Klar, denken Sie nur an Bata Illic, hahahaha! (dreht sich vor Lachen auf den Rücken und strampelt mit den Beinchen in der Luft)

TITANIC:

Schildkröte: Äh, können Sie mich mal eben aufrichten? Aber wenn Sie davon Fotos machen, verklage ich Sie.

TITANIC: Na schön. Wird man Sie jetzt auch häufiger im deutschen TV zu sehen bekommen?

Schildkröte: Die Macher des "Dschungelcamps" haben sich bereits gemeldet, aber denen habe ich eine Abfuhr erteilt. Das Geld möchte und brauche ich nicht.

TITANIC: Anderes Thema: Was macht die Liebe?

Schildkröte: (gereizt) Das ist ein bisschen schwierig, wenn man die Letzte ihrer Art ist!

TITANIC:  Unterart! Es gibt ja noch andere Galápagos-Riesenschildkröten!

Schildkröte: Ja, mit denen könnte ich mich paaren, aber … äh, naja, ich habe nichts gegen die Vermischung verschiedener Unterarten – die Kinder von Chelonoidis nigra microphyes und Chelonoidis nigra porteri sind ja zum Beispiel total süß –, aber da stehe ich einfach nicht drauf, ist nicht mein Typ, das sind zum Teil ganz andere Temperamente, okay? Mehr möchte ich dazu nicht sagen!

TITANIC: Die Pinta-Riesenschildkröte Lonesome George ist, wie sein Spitzname nahelegt, letztlich an Einsamkeit gestorben, und damit ist auch seine Unterart verschwunden. Wäre der was für Sie gewesen?

Schildkröte: Also wissen Sie! Der war zig Jahre jünger als ich, das wäre ein regelrechter Boytoy gewesen. Bin ich Heidi Klum? Oder Madonna?

TITANIC: Ganz ehrlich: Sie scheinen ein paar reichlich verquere Ansichten zu hegen. Wo verorten Sie sich politisch?

Schildkröte: Ach Gottchen, muss denn heute immer alles politisch sein? Ich verorte mich nirgends, von Etiketten wie "links" und "rechts" halte ich nichts, ich lasse mich von der Vernunft leiten! Man landet ja heute ganz schnell in irgendwelchen unguten Ecken, nur weil man die Wahrheit sagt.

TITANIC: Was halten Sie von den Freitagsdemos junger Menschen?

Schildkröte: Diese Grünschnäbel sollen lieber Interrail-Reisen machen und rumknutschen. Die haben noch keine 70 Jahre auf dem Buckel und glauben, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben!

TITANIC: Ohne Fortschritte im Umweltschutz wäre Schildplattschmuck aus Panzern Ihrer Verwandten immer noch legal …

Schildkröte: Meine Güte, das war halt Tradition, das ging doch Hunderte Jahre gut! Niemand hat sich beschwert, und wenn man mit solchen aufreizenden Hornschuppen herumkriecht, muss man sich auch nicht wundern …

TITANIC: Frau Schildkröte, wir beenden das Interview an dieser Stelle besser. Es sind ja inzwischen auch schon acht Monate vergangen.

Schildkröte: Nein, ich beende das Interview! Und autorisieren tu ich es auch nicht, ha! (zieht den Kopf ein)

TITANIC: Och, nun seien Sie doch nicht so. Kommen Sie, ein Foto wenigstens!

Schildkröte: Schleicht's euch! (aus dem Innern des Panzers steigt Zigarettenqualm)

TITANIC: Sie rauchen?

Schildkröte: Nein, ich vape! Ist das etwa auch schon verboten?

TITANIC: Das riecht aber gut!

Schildkröte: Wollen Sie mal ziehen?

TITANIC: Äh, ja.

Schildkröte: Kommen Sie mal ganz nah ran.

TITANIC: (kommt ganz nah ran) Und nun?

Schildkröte: (schiebt blitzschnell ihren Kopf hervor und schnappt nach der Nase des Interviewers) Hahahahaha!

TITANIC: Sie sind ein gemeines Biest! Ich wünschte, Sie wären wirklich ausgestorben.

 

Torsten Gaitzsch

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Briefe an die Leser

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt