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Das Leben des "Spiegel"-Fälschers Claas Relotius. Eine Recherche

Der hochdekorierte “Spiegel”-Reporter Claas Relotius hat über Jahre bei Reportagen Personen und Umstände erfunden und so das Magazin und seinen Berufsstand diskreditiert. Wer ist der Mann?

Klaus Rhinozerus* wurde wahrscheinlich am 15. November 1985 geboren, und zwar als kleiner Junge, der versehentlich den Syrienkrieg ausgelöst hatte. Seine Mutter liebte ihn trotzdem. Denn Claas, wie er sich später präzise nannte, war ein außergewöhnliches Kind. Rekordverdächtige 15 Monate hatte er im Mutterleib verbracht, um sorgfältig das Leben vor dem Leben zu recherchieren. Das Interview, das er mit dem Mutterkuchen führte, sollte ihm später Zugang zu Elitekrabbelgruppen verschaffen. Seinem Vater zufolge, einem Baron von Münchhausen**, hatte sich der Junge am eigenen Schopf aus dem Mutterleib gezogen. Tatsache! (Wenn man es mit dem Wortsinn von Tatsache nicht so genau nimmt.)

Bereits mit sechs Monaten konnte das Wunderkind Schreiben, wenn auch nicht auf Papier oder dem Tablet (gab es damals schon), sondern mit Urin in die Windel - was ihm den Henri-Nannen-Förderpreis einbrachte. Monatelang recherchierte Relotius*** in Baby- und Kleinkindkreisen, merkte sich exakt nix und sprach später trotzdem darüber, als sei er dabei gewesen. In der Bärengruppe seines Kindergartens fiel er dann v.a. durch außergewöhnliche Fähigkeiten beim Aufbinden auf.

Dieses Bild zeigt Relotius bei einer kritischen Unterredung mit Machthaber Assad: wie sich herausstellte, wohl ebenfalls eine brillante Fälschung

Als Einserschüler half der Claasclown**** dann den Lehrern dabei, die Schulbuchfakten mit beeindruckenden Zitaten von Leo Lesemaus und Markus Mathehamster zu unterfüttern. Dann Abi mit 13, Studium der erfundenen Wissenschaften Germanistik, Jura und Volkswirtschaftslehre. Abschluss mit einer Doktorarbeit über ähm … irgendeinen erfundenen Quatsch halt. Mein Gott, muss man hier alles selbst sich ausdenken herausfinden!

Danach Karriere im Journalismus, als das mit dem Ausschmücken noch nicht so verpönt war wegen der ganzen Lügenpresse-Fake-News-Kacke. Dort zauberte Relotius Erfolgsreportagen. Folge: Preisregen, Leistungsdruck, ein oder zwei Fehlerchen. Nebenbei entführte er Jan Philipp Reemtsma und schrieb dessen Tagebuch in den "Spiegel" hinein, heiratete Konrad Kujau, zeugte mit ihm Wolfgang Beltracchi und verlor endgültig die Kontrolle über die Chronologie seines Lebens.

Schlussendlich flog Claas Relotius auf und verlor seinen Job. Letzter Erfolg: ein sensationelles Porträt über ihn bei TITANIC, für das der Autor mindestens den Peter Scholl-Latour-Preis, den Konrad-Duden-, den Kindernothilfe-, den Katholischen und den Coburger Medienpreis erhalten sollte!

Tim Wolff*****

 

 

* Name von der Redaktion verfälscht

** Name zur Kenntlichkeit entstellt

*** Saublöder Name eigentlich; kein Wunder!, sagen wir da mal

**** Puh, jetzt wird es aber langsam albern

***** Pseudonym von Claas Relotius

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Genau einen Tag, Husqvarna Group (Stockholm),

nachdem das ungarische Parlament dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte, mussten wir was auf heise.de lesen? Dass auf Deinen Rasenmähern der »Forest & Garden Division« nach einem Software-Update nun der alte Egoshooter »Doom« gespielt werden kann!

Anders gesagt: Deine Divisionen marodieren ab sofort nicht nur lautstark mit Rasenmähern, Traktoren, Motorsägen, Motorsensen, Trennschleifern, Rasentrimmern, Laubbläsern und Vertikutierern durch unsere Gärten, sondern zusätzlich mit Sturmgewehren, Raketenwerfern und Granaten.

Falls das eine Demonstration der Stärke des neuen Bündnispartners sein soll, na schön. Aber bitte liefere schnell ein weiteres Software-Update mit einer funktionierenden Freund-Feind-Erkennung nach!

Hisst die weiße Fahne: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg