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Riesling-Rente für alle. Wohin mit unserem Wein?

Heilige Huxelrebe: Endlose Hitze und Trockenheit haben Deutschland 2018 eine Rekord-Weinlese beschert, ein "Wahnsinnsjahr" (Gerlinde Müller-Thurgau). 207 Millionen Hektoliter – so viel wie seit 1593 nicht. Doch: wohin mit dem "edlen Nass" (Wolfgang Kubicki)? In die Nordsee kippen, als Diesel-Ersatz gebrauchen oder als Messwein für alle?
Die besten Ideen.

1. Weinkonserven

Traurig: Wein perlt in rauhen Mengen, aber sonst fehlt es in Deutschland an allem. Zum Beispiel an Blut. Das Deutsche Rote Kreuz meldet Engpässe bei Blutkonserven! Aber nicht mehr lange: Mit der bundesweiten "Aktion Venensaft" atmen Dialyse-Patienten wieder auf. Die roten und weißen Weinkörperchen sind kompatibel mit sämtlichen Blutgruppen, frei von HIV und Hepatitis C, und bei 18 Prozent bundesdeutschen Alkoholikern fällt das Ethanol im Blutbild kaum auf. Durch die Venen geschossen, entfacht die Edelrebe eine belebende Wirkung, befeuert Geist und Körper. 

2. Hilfe für Afrika

Warum immer nur gefrorene Hähnchenteile und Altkleider? Millionen Liter deutscher Wein lassen sich zu Dumping-Preisen als Tafelwein auf den subsaharischen Markt spülen. Ein Almosen für alle, deren sauberes Trinkwasser knapp ist und die sich keinen guten Dornfelder leisten können. "Win-win", freut sich Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU).

3. Rebstock Gorleben

Gute Nachrichten: Bei richtiger Temperatur und Raumbeschaffenheit lassen sich die Wein-Berge eine Weile lagern, am besten kühl, feucht und finster. Ideal: Klassenzimmer und Sozialwohnungen. Die sind aber zu klein. Doch passende Bewerber stehen schon Schlange: Das Trollinger-Archiv in Ravensburg, die Jahn-Behörde oder der Luftschutzkeller des BND. Spitzenfavorit: der Salzstock Gorleben, der eine fachgerechte Lagerung für mindestens 600 000 Jahre verheißt.

4. Alchimie

Neues aus den Naturwissenschaften: Wein lässt sich nicht nur in Wasser umwandeln (vgl. Joh 2,1–12), sondern auch in 13 verschiedene Aggregatzustände. Mittels dehydrierender Verfahren entsteht robustes Trockenweinpulver, ideal für schmackhafte Risottogerichte. Auch gut: Stark erhitzt, entfaltet insbesondere Riesling in Dampfbädern und Saunalandschaften eine kathartische Wirkung, öffnet Poren und Herzen.

5. Nuckelspaß für Kinder

Frühere Generationen haben es noch gewusst: Ein Schnäpschen in den Abendbrei gerührt, lässt Kinder doppelt so tief und lange schlafen. Warum nicht auch ein guter Weißburgunder oder Elbling? Die kleinen Schluckspechte trinken eh alles, wo ein Strohhalm drinsteckt. Also keine falsche Scheurebe: Angerührt mit farbenfrohen Früchten als Kinderbowle, abgepackt als Bio-Quetschie oder kombiniert mit Ritalin, bekämpft der Rebensaft Hyperaktivität und allgemeine Rebellionsfreude. 

6. Auf ex

Auch gut: einfach alles austrinken. Und zwar noch in diesem Jahr. Riesling-Rente für alle: Jeder Bürger erhält 12 500 Hektoliter frei Haus zur eigenen Verwendung. Ein Spätherbst voller Orgien, hackedichter Weinköniginnen, Saufspielen mit Nikolausstiefeln, Glühwein deluxe, Schwarzriesling in Sangria-Eimern und süffigen Rotweinachtsmessen - und die dunkle Jahreszeit kann kommen!

Ella Carina Werner

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt