Inhalt der Printausgabe

Oktober 2005


Vom Fachmann für Kenner
(Seite 13 von 16)

Er nahm den Helm
So schön und wundersam die oben erzählte Geschichte auch ist, sie entfaltete ihren ganzen Glanz natürlich nur bei der Ersterzählung, die an einem dieser restwarmen Murkssommerabende in einer Frankfurter Straßenwirtschaft stattfand und die, ganz ehrlich, einen schon in allgemeiner Lethargie und Schlafsehnsucht zu versanden drohenden Abend rettete; und nicht nur den. Denn Lachen ist ja nicht nur gesund, macht schöne Haut und läßt die Endorphine tanzen, sondern ist überdies Resultat einer Einsicht, im besten Fall sogar einer tiefen: in diesem Fall in die regelmäßige, ja geradezu ekstatische Fehlerhaftigkeit der eigenen Existenz – denn wie oft waren im Leben Entscheidungen zu treffen, und die Hälfte bis siebeneinhalb Achtel waren natürlich grundfalsch und bedauerlich, ja topdoof im Quadrat, »the road not taken« (R. Frost) als ewiges Menetekel im Rückspiegel des Lebens; einmal noch mal umkehren und alles, alles anders machen, aber Quatsch: Man nähme ja doch wieder nur den Helm. Es gibt Leute, die nehmen Dinge in die Hand, sich beim Wort, Anlauf, Urlaub oder wenigstens den Hut, wenn ihnen was nicht paßt, lustige Drogen, eine Auszeit oder sich ein Herz; und wir, »wir bescheidenen Übersetzer« (Eich) und »Tagediebe« (Sonneborn), wir Eckensteher, Abtrinker und Autisten, was nehmen wir? Wir nehmen: den Helm. Immer wieder den Helm.
Wie Nagel. Denn Nagel nahm den Helm. Wahrscheinlich sind wir überhaupt deswegen befreundet. Die ganze Runde hat über die Geschichte vom Helm so endlos und erkenntnisvoll und tatsächlich glücksnah gelacht, daß an diesem Wirtshaustisch, in später dialektischer Verschränkung, auf einmal alles richtig war, auch jene schlimm entscheidenden Momente, die da waren und die da noch kommen und in denen wir, aus melancholischer Ergeben- oder einfach sturer Blödheit, sagen werden, und zwar mit allem Stolz, dessen wir noch fähig sind:
Ich nehme den Helm. Den Helm! Den Helm her, Sie Arschloch!!
Stefan Gärtner



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt